Feldhockey „Wir werden ein starkes Kollektiv bilden“

Die Hockeyspielerin des Düsseldorfer HC bereitet sich mit der Nationalmannschaft gerade auf ihre zweite Weltmeisterschaft vor.

Selin Oruz  glaubt, dass das deutsche Frauen-Team bei der Hockey-WM lange im Turnier bleiben kann.

Foto: RP/Ralph-Derek Schröder

Die 118-fache Nationalspielerin spricht vor den Vorrundenspielen gegen die Niederlande, Chile und Irland über die Vorbereitung, die Favoriten und die Bedeutung des Turnieres.

Selin Oruz, am Donnerstag (23. Juni, die Red.) traf sich der Nationalmannschaftskader, um sich im Trainingslager auf die letzten Vorbereitungsschritte zur Hockey-Weltmeisterschaft zu begeben. Wie sehen diese Schritte aus?

Selin Oruz: Das ist meine zweite WM. Ich gehe davon aus, dass die Vorbereitung ähnlich sein wird wie 2018 oder wie bei den Olympischen Spielen. Die Vorbereitung beginnt aber nicht erst zehn Tage vor der WM. Wir haben uns in den vergangenen Monaten auf Lehrgängen unter Leitung des neuen Bundestrainers Valentin Altenburg häufiger getroffen. Am Wochenende werden wir zwei Spiele innerhalb der Pro League gegen China bestreiten, bevor wir dann nach Bloomendaal in den Niederlanden fahren, wo wir in der WM-Gruppenphase auf Chile, die Niederlande und Irland treffen werden.

„Trainingslager“. Da denkt man zwangsläufig an Abgeschiedenheit und an totale Fokussierung auf das Wesentliche.

Oruz: In Corona-Zeiten hatten solche Zusammentreffen tatsächlich etwas von Kasernierung. Das hat sich aber inzwischen geändert. Wir haben Ausflüge geplant und werden gemeinsam essen gehen. Trotzdem sind wir wegen steigender Coronazahlen vorsichtig und wollen weitestgehend in unserer Bubbel bleiben.

Wenn die WM gestartet ist, wird es angesichts der
engen Termintaktung
für Ausflüge eh eng.

Oruz: Ja, wenn es losgeht, dann geht es Schlag auf Schlag: am 2. Juli gegen Chile, einen Tag später gegen die Niederlande. Der Erste der Gruppenphase wird direkt ins Viertelfinale durchgewinkt, hat dann aber eine Spielpause von sieben Tagen. Das kann lang werden. Der Zweite und der Dritte müssen in einem „Crossover-Match“ einen Gegner aus einer anderen Gruppe bezwingen, um im Wettbewerb zu bleiben. Sollten wir das Viertelfinale überstehen, geht es im spanischen Terrassa weiter.

Die Niederlande kennt ihr durch zahlreiche Treffen in- und auswendig. Was ist mit Chile und Irland?

Oruz: Chile ist für uns ein unbeschriebenes Blatt. Auf Irland sind wir zuletzt bei den Olympischen Spielen in Tokio getroffen. Ein bisschen Wundertüte steckt wohl in beiden Partien. Das hebt noch einmal den Spaß- und Spannungsfaktor.

Welche Teams zählen
zum Favoritenkreis?

Oruz: Da bin ich mit Prognosen vorsichtig. Vor den Olympischen Spielen hätte ich nicht gedacht, dass Indien eine solch starke Rolle spielen würde. Bei den vergangenen großen Turnieren war immer mindestens eine Überraschung dabei. Die Spitze ist enger zusammengerückt. Aber an der Favoritenrolle der Niederländerinnen ändert das nichts. Sie sind zurzeit das Maß aller Dinge.

Welche Bedeutung hat es für Sie, dass mit Torhüterin Nathalie Kubalski und Stürmerin Elisa Gräve noch zwei DHC-Akteurinnen dabei sind? Gibt das Halt oder ist das für eine Nationalspielerin mit 118 Einsätzen von untergeordneter Bedeutung?

Oruz (lacht): Natürlich freue mich darüber, vor allem weil Nathie, die sich im Tor mit Julia Sonntag von Rot-Weiß Köln abwechseln wird, weitere Erfahrungen auf dieser Top-Bühne sammeln kann. Das hat sie sich durch überragende Partien im Verein und bei den Danas (Frauen-Nationalmannschaft, die Red.) verdient.

Wie sieht das WM-Ziel der Danas aus? Ist es der Titel?

Oruz: Diese Frage wird häufig gestellt und erfreut sich bei uns nicht unbedingt größter Beliebtheit. Ich habe einige Turniere mit den Danas gespielt, bei denen wir uns Ziele gesetzt hatten – die wir dann leider nicht immer erreicht hatten. Deshalb lasse ich das jetzt mal mit der Zielsetzung. Dazu nur so viel: Wir sind eine starke Truppe und haben uns in den vergangenen Jahren eine Top-Qualität angeeignet. In dem Team steckt ein Potenzial, das wir bislang noch nicht immer abrufen konnten. Erst einmal Turnierluft schnuppern, gut reinkommen und wenn es läuft, kann es uns weit tragen.

In den vergangenen Monaten bis hin zur Endrunde um die Deutsche Meisterschaft seid ihr immer wieder auf dieselben Rivalinnen, ob aus Köln, Hamburg oder Mannheim, getroffen. Wie wird bei der WM aus Rivalität Teamgeist?

Oruz: Da mache ich mir keine Gedanken. Das war für mich nie ein Problem und das ist es bestimmt auch für die anderen Spielerinnen nicht. In den Niederlanden und hoffentlich auch in Spanien werden wir ein starkes Kollektiv bilden.

Welche Bedeutung hat es für Sie, das Nationaltrikot zu tragen?

Oruz: Für mich ist es eine Ehre, Deutschland bei einer WM zu vertreten. Und bin ich stolz darauf, zu einer Auswahl sehr guter Spielerinnen zu gehören. Wenn das Nationalteam für mich keine außerordentliche Sache mehr wäre, würde ich das nicht mehr
machen.