Im Prozess um den Vierfachmord von Solingen geht das Wuppertaler Landgericht der Frage nach, ob die Tat rechtsradikal motiviert gewesen sein könnte. Die auf einer Festplatte entdeckten mehr als 150 rechtsextremen und rassistischen Bilddateien würden in der rechten Szene kursieren, aber auch in Klassen-Chats auftauchen, sagte ein Staatsschutz-Beamter als Zeuge zur Indizienlage. „Es hat ein Geschmäckle.“
Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft kann die Festplatte dem Angeklagten nicht eindeutig zugerechnet werden. Die Freundin des Angeklagten hatte ausgesagt, dass es sich um ihre Festplatte handele und diese zeitweise verschwunden gewesen sei.
Eine Nebenklagevertreterin äußerte Zweifel an dieser Aussage: Auf der Festplatte seien mit dem Namen des Angeklagten zu einem Zeitpunkt Dateien gespeichert worden, als das Paar noch gar nicht zusammen gewesen sei. Sie beantragte ein IT-forensisches Gutachten. Das lehnte das Gericht ab.
Rechtsradikale Motive?
Ein anderer Nebenklageanwalt beantragte, etwaige Kenntnisse über den Angeklagten bei Staatsschutz und Verfassungsschutz einzuholen. Diesem Antrag stimmte das Gericht zu. Dadurch verlängert sich der Prozess. Die Strafkammer will nun zusätzliche Verhandlungstage mit den Prozessbeteiligten abstimmen.
Die Anwälte der Angehörigen hatten darauf hingewiesen, dass in den vom Angeklagten angezündeten Häusern fast ausschließlich Menschen mit Migrationshintergrund gelebt hätten. Eine der Brandstiftungen sei am Jahrestag der Pogromnacht gewesen. In einem Chat habe sich der Angeklagte zudem rassistisch geäußert.
Zeugen hatten den Angeklagten dagegen als politisch links beschrieben. Die Ermittler hatten nach der Tat keine Hinweise für eine rechtsradikale Motivation gesehen. Wegen der Anträge, über die das Gericht noch entscheiden muss, blieb zunächst unklar, ob die Beweisaufnahme noch am Donnerstag geschlossen werden kann.
Bei dem tödlichen Feuer starben zwei kleine Kinder und die Eltern
Der mutmaßliche Mörder und Brandstifter hat bereits umfassend gestanden. Bei dem tödlichen Feuer am 25. März 2024 starb in Solingen eine bulgarische Familie im Dachgeschoss - die 28 und 29 Jahre alten Eltern und ihre beiden Töchter im Alter von drei Jahren sowie wenigen Monaten. Als Motiv gab der Angeklagte „Stress mit der Vermieterin“ an. Ihm war wegen Mietrückständen gekündigt worden.
Der deutsche Angeklagte gestand neben mehreren Brandlegungen auch eine Macheten-Attacke, bei dem er einen Bekannten lebensgefährlich verletzte. Der 40-Jährige muss sich in Wuppertal wegen vierfachen Mordes und Mordversuchen an bis zu 21 Menschen vor Gericht verantworten. Ein Psychiater hatte ihn als hochgefährlich eingestuft. Der Prozess soll am 4. April fortgesetzt werden.
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