Inklusion SPD beklagt zu wenig Teilhabe für Menschen mit Behinderung

Düsseldorf · Für Menschen mit Behinderung ist Gleichberechtigung in vielen Bereichen noch in weiter Ferne. Auf dem Arbeitsmarkt und in Schulen sind die Defizite spürbar.

Die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist in NRW in den vergangenen vier Jahren um gut sechs Prozent gestiegen. Archivbild

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Die SPD-Opposition sieht in Nordrhein-Westfalen große Defizite auf dem Weg zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Vor allem im Bildungsbereich zeige sich, dass Schüler und Schülerinnen mit Handicap nicht dieselben Chancen hätten wie andere, sagte die Inklusionsbeauftragte der SPD-Landtagsfraktion, Silvia Gosewinkel.

Grundlage ist eine Antwort der Landesregierung auf eine große Anfrage mit mehr als 200 Fragen zur Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen in NRW. Gosewinkel und die SPD-Gleichstellungssprecherin Anja Butschkau kritisierten zudem geplante Kürzungen im Bereich der Inklusion um mindestens fünf Millionen Euro im Haushaltsentwurf der Landesregierung für 2025. Diese träfen besonders Arbeitsmarktmaßnahmen. Die Landesregierung müsse den inklusiven Arbeitsmarkt und die Teilhabe von Menschen mit Behinderung an Lohn und Arbeit endlich wirksam voranbringen. „Ein Sparen bei den Schwächsten unserer Gesellschaft muss unbedingt verhindert werden.“

Fast jeder Fünfte ohne Schulabschluss

Die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist demnach in den vergangenen vier Jahren um gut sechs Prozent auf fast 161.000 gestiegen. Davon wurden im vergangenen Schuljahr fast 69.600 an allgemeinen Schulen unterrichtet. Fast jeder fünfte Schüler mit Behinderung habe die Schule ohne Abschluss verlassen. Nur etwas über ein Prozent hätten das Abitur geschafft. In Zahlen waren das 198 Schülerinnen und Schüler.

Etwa 2.150 sonderpädagogische Fachkräftestellen seien unbesetzt. Der Fachkräftemangel sei hier mit etwa 8,5 Prozent etwas größer als der allgemeine Lehrermangel in NRW. Die große Anfrage zeige auch, dass viele Sonderpädagogen in absehbarer Zeit in Rente gingen.

Im offenen Ganztag (OGS) müsse es ebenfalls therapeutische Möglichkeiten für Kinder wie Ergo- und Physiotherapie geben, forderte die SPD. Aktuell seien solche Angebote aber nur an Förderschulen im Ganztagsbetrieb verfügbar.

Frühe Diagnostik schon in der Kita

Nach Ansicht der SPD finden die sogenannten Schuleingangsuntersuchungen zu spät statt. Kinder müssten schon früher, mit viereinhalb Jahren, auf ihren Entwicklungsstand untersucht werden.

Schulministerin Dorothee Feller (CDU) hatte zu Schuljahresbeginn angekündigt, dass Kinder künftig früher als bisher standardisiert auf ihre Kompetenzen sowie den Förderbedarf getestet werden sollen. Darüber hinaus müsse über ein weiteres Screening für noch jüngere Kinder nachgedacht werden.

Gewalt gegen Menschen mit Behinderung

Menschen mit Behinderung müssen nach Ansicht der SPD besser vor Gewalt geschützt werden. Rund 1.100 Menschen mit Behinderung seien 2023 Opfer einer Gewaltstraftat geworden. Opfer seien etwa je zur Hälfte Frauen und Männer. Es gebe aber keine Erkenntnisse über das Dunkelfeld. Frauenhäuser müssten barrierefrei ausgebaut werden.

In NRW leben rund 2,3 Millionen Menschen mit einer Schwerbehinderung. Das sind etwa 12,7 Prozent der Bevölkerung. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Handicap in NRW ist mit 13,8 Prozent doppelt so hoch wie die Quote insgesamt. Nur wenige schaffen den Sprung aus Behindertenwerkstätten auf den ersten Arbeitsmarkt.

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(dpa)