Vorbereitungen für Freiland-Stromleitungen laufen Netzwerkbetreiber Amprion startet Ersatzneubau

Sprockhövel/Schwelm · Im Zuge des Ausbaus der Stromleitungen in Deutschland steht in den kommenden Jahren auch ein größeres Projekt im westlichen Ennepe-Ruhr-Kreis an.

Die Bauzeit zum Ersatzneubau der Trasse könnte etwa sechs bis sieben Jahre betragen.

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Die in Dortmund ansässige Amprion GmbH will das Stromnetz zwischen den Umspannanlagen Hattingen und Wuppertal-Ronsdorf erneuern und plant eine 380-Kilovolt-Höchstspannungsfreileitung. Dazu solle die Trasse der in den 1950er beziehungsweise 1960er Jahren in Betrieb genommenen 220-Kilovolt-Freileitungen in den Stadtgebieten von Hattingen, Sprockhövel, Schwelm und Wuppertal „vorzugsweise“ genutzt werden, sagt die Amprion-Projektsprecherin Mariella Raulf.

Neben der neuen 380-kV-Höchstspannungsfreileitung umfasst das Vorhaben auch die Erweiterung der bestehenden Umspannanlagen Hattingen und Linde sowie den Neubau einer Umspannlage bei Linderhausen. Das Projekt dient dazu, die Übertragungskapazität bei der Stromversorgung zu erhöhen und die regionale Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Nach aktuellem Stand werden die Kosten für den Ersatzneubau bei mehr als 300 Millionen Euro liegen.

Die Trasse erstreckt sich über eine Strecke von etwa 25 bis 30 Kilometer. Auch wenn eine bereits vorhandene Trasse genutzt werden könne, sei das Projekt „sehr herausfordernd“, betont Raulf. Man überprüfe auch die aktuellen Standorte der Masten und den Verlauf der Strecke. Zudem müssten für die neue Höchstspannungsverbindung neue Strommasten errichtet werden. Und die seien „deutlich größer“ als die bisherigen Masten. Technische Gründe machten den Austausch nötig, so könnten die neuen Masten auch mehr Leiterseile tragen als ihre Vorgänger. In einem Abstand von etwa 250 bis 450 Meter sollen die neuen Masten aufgestellt werden.

Noch steht das Vorhaben ganz am Anfang. Zunächst wird Amprion die Unterlagen für das Genehmigungsverfahren erstellen. Dazu werden ab Mai Untersuchungen und Kartierungen zur Tier- und Pflanzenwelt in der Planungsregion durchgeführt. Und die seien umfangreich, erklärt die Amprion-Sprecherin. Allein für die Kartierung der Vogelzüge ist ein Zeithorizont von einem Jahr eingeplant. Zuständig für die Genehmigung des gesamten Vorhabens ist letztlich die Bezirksregierung Arnsberg.

Hintergrund des Projekts ist die geplante Energiewende. Um die Klimaziele in Deutschland zu erreichen, muss das Übertragungsnetz aus- und umgebaut werden. Der Netzentwicklungsplan Strom legt für das Bundesgebiet Ausbauprojekte fest, die benötigt werden, um den künftigen Transportbedarf im Höchstspannungsnetz bewältigen zu können. Das Vorhaben „Netzverstärkung Hattingen – Linde“ ist seit 2019 Bestandteil der Netzentwicklungsplanung und überdies im Bundesbedarfsplangesetz festgeschrieben.

Das Bundesbedarfsplangesetz ist im Jahr 2013 in Kraft getreten. Nach Angaben der Bundesnetzagentur sieht die jüngste Gesetzesänderung vom Februar 2021 vor, bis 2030 einen Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 65 Prozent zu erreichen. Hierzu wurden insgesamt 35 neue Ausbauvorhaben in den Bundesbedarfsplan aufgenommen und neun bisherige geändert.

Wann die Arbeiten zum Ersatzneubau der Trasse zwischen Hattingen und Wuppertal beginnen, ist nach Angaben von Raulf derzeit noch unklar. Die Bauzeit könnte bei etwa sechs bis sieben Jahren liegen. Bevor aber die eigentlichen Bauarbeiten beginnen, setzt der Übertragungsnetzbetreiber in einem ersten Schritt auf die „gesellschaftliche Akzeptanz“. Deshalb sucht Amprion bereits in der aktuellen Planungsphase den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort und informiert über das Vorhaben. Dazu wird das Projektteam im Mai auf Info-Abenden in den an der Trasse gelegenen Städten erläutern, warum die neue Stromverbindung nötig ist und welche Schritte anstehen.

Die Frage nach der Verlegung der Stromkabel per Erdleitung wird in diesem Zusammenhang dann möglicherweise laut. Die Amprion-Sprecherin betont allerdings, dass diese Option nicht möglich ist, da das Energieleitungsausbaugesetz für eine Wechselstromleitung grundsätzlich den Ausbau per Freileitung vorsehe. An diese gesetzliche Vorgabe sei man gebunden. Lediglich bei Gleichstromleitungen, die für die Übertragung großer Strommengen über weite Strecken genutzt werden, könnten streckenweise Erdkabel verlegt werden, erklärt sie.