Erfolgsmodell Lese-Mama

Fast an allen Schulen gab es gestern Aktionen. Im Schulalltag unterstützen Mütter und Väter die Lehrer oft bei der Leseförderung. So ist die Aufteilung in Kleingruppen möglich.

Haßlinghausen. "Den Teig hat Pippi auf dem Fußboden ausgerollt.” Ein leises "Oh” entfährt den kleinen Zuhörern in der Bibliothek der Grundschule Hobeuken, als Lese-Mama Nicole Kerkmann die Szene aus dem Kinderbuch Pippi Langstrumpf vorliest, in der die Hauptdarstellerin auf ihre ganz eigene Art Pfefferkuchen backt.

Da sind die Erst- und Zweitklässler voll bei der Sache. So oder ähnlich war das gestern an vielen Schulen, in Kindergärten oder Büchereien. Am bundesweiten Vorlesetag der Stiftung Lesen beteiligten sich fast alle mit eigenen Aktionen.

Mancherorts übernahm Prominenz wie die Bundestagsabgeordnete Christel Humme (Awo-Kindergarten Hobeuken) oder die Autoren Rüdiger Siebert und Hans Martin Große-Oetringhaus (Grundschule Börgersbruch) die Vorleserolle.

An der Grundschule Hobeuken taten das neben Buchhändler Thomas Balthasar vor allem die Lese-Mütter - die Stars des Schulalltags sozusagen. Es gibt inzwischen fast keine Grundschule mehr, die sich nicht zumindest in den ersten beiden Klassen bei der Leseförderung der Hilfe der Eltern bedient.

"Die Kinder sind anfangs auf ganz unterschiedlichem Leistungsniveau, da können wir nicht immer im Klassenverband vorlesen. In der kleinen Gruppe kommt aber jedes Kind dran”, beschreibt Martina Groß, Lehrerin in der Klasse eins der Grundschule Hobeuken, den besonderen Wert der Lese-Eltern. Für ihre Lernanfänger plant sie gerade eine wöchentliche Lesestunde mit Elternhilfe einzurichten.

In der jetzigen Klasse zwei klappt das schon seit einem Jahr reibungslos. Immer freitags geht die eine Hälfte der Klasse zum Schwimmen, die andere liest in Kleingruppen mit den Lese-Mamas. "Drei bis vier sind fast immer da, manchmal auch mehr", sagt Katja Henning . Sie ist halbtags berufstätig, hat sich den Freitagvormittag aber extra freigeschaufelt.

Ist denn nicht eigentlich die Schule in der Pflicht, den Kindern Lesen beizubringen? Katja Henning sieht das nicht einseitig: "Ich finde, dass auch die Eltern ihren Beitrag leisten sollten. Man kann nicht alles auf die Schule abwälzen." Außerdem macht ihr selbst der Kontakt mit den Kindern viel Spaß. Das kann auch Nicola Kerkmann bestätigen. "Es ist einfach toll, die Entwicklung mitzuerleben, die die Kinder machen." Das gelte auch und gerade für die, die anfangs Schwierigkeiten haben.

Nicola Heuwinkel ist nur für den gestrigen Tag zum Vorlesen in die Schule zurückgekehrt. Ihr Kind ist bereits in Klasse drei. "Da sind die Lese-Eltern nicht mehr unbedingt nötig", findet sie.

Als Lese-Patin der Stadtbücherei hat sie selbst auch weiterhin ihre Einsätze. Wichtig ist ihr beim Modell Lese-Eltern, dass auch die Schüler sehen, dass Schule und Elternhaus zusammenarbeiten und beides nicht als völlig getrennte Welten sehen.

"Es gibt nur noch wenige die nach 20 Minuten noch zuhören", hat Buchhändler Thomas Balthasar beim Vorlesen bemerkt. Daran merke er, dass in der Freizeit dann doch häufiger Computern oder Fernsehen der Vorzug gegeben wird.

Umso wichtig ist die Lesestunde in der Schule mit selbst gewählter Lektüre und dazu offenbar äußerst beliebt. "Man merkt wie die Kinder das genießen", sagt Katja Henning. Zweitklässlerin Pheline nickt energisch.