Es kostet Überwindung, zu sagen: „Ich brauche Hilfe“

Zwei Ausgabestellen betreibt die Tafel in Sprockhövel. Ein Blick hinter die Kulissen.

Niedersprockhövel. Vor dem Bürgerbüro an der Hauptstraße stehen ein paar Frauen mit Einkaufsrollern, unterhalten sich, lachen. Auch drinnen in der Ausgabestelle Sprockhövel der Hattinger Tafel geht es gelöst zu. Auf einem Tisch lagern in Körben Äpfel, Bananen, Kohlköpfe.

Dahinter stehen die fertig gepackten Tüten mit Brot, Käse, Joghurt, Fleisch. Birgit Krutzner begrüßt ihre Kunden, kennt sie alle mit Namen. Reicht eine Tüte herüber, hilft beim Verstauen. Zeigt die lose Ware: "Wirsing oder Blumenkohl?"

Es erinnert ein wenig an die Zeit der Tante-Emma-Läden. 30Kunden hat Birgit Krutzner auf ihrer Liste, etwa genau so viele kommen zur Haßlinghauser Ausgabestelle. Nicht allen Kunden fällt es anfangs leicht, erzählt Anja Werning, Vorsitzende der Hattinger Tafel.

Nicht selten kostet es Überwindung, zu sagen "hier bin ich, ich brauche Hilfe". Aber dann ist da Krutzner mit ihrer offenen, praktischen Art. Und auch auf Besonderheiten wird Rücksicht genommen. Fünf Tüten sind extra für Moslems zusammengestellt, da ist dann zum Beispiel kein Schweinefleisch drin.

Wieder macht Birgit Krutzner einen Haken auf der Liste und tut die 1,50 Euro, die eine Tüte kostet, in die Kasse. Hier wird verkauft, nicht verschenkt. Was nicht heißt, dass es nicht schon mal einen Kuchen extra gibt, wenn die Enkel zu Besuch kommen.

Die Ware spenden Hattinger und Sprockhöveler Läden. Aber es ist schwerer geworden, Spenden zu bekommen, sagt Werning. Nicht weil die Spendenbereitschaft an sich nachgelassen hätte. Sondern weil die Geschäfte bei ihrem Einkauf knapper kalkulieren. Oft wird weniger eingekauft, und dann bleibt natürlich auch weniger nicht Verkauftes übrig. Auch hier macht sich die Wirtschaftslage bemerkbar.

Und während die Kundenzahl an den Ausgabestellen in Sprockhövel im Wesentlichen konstant bleibt, ist sie in Hattingen sprunghaft angestiegen. Da kommt es doppelt gut, dass die Stadt Sprockhövel für die Ausgabestellen der Tafel keine Miete verlangt. Und der Kreis verzichtet auf die Gebühren, die normaler Weise für ein Gesundheitszeugnis der Helfer fällig wären.

Inzwischen hat sich der Trubel in der Ausgabestelle gelegt. Birgit Krutzner guckt auf ihre Liste, wer noch nicht gekommen ist. Etliche alte Menschen sind unter den Kunden. Aber auch junge, zum Teil mit vielen Kindern zu Hause.

Um hierher zu kommen, mussten sie vorher in Hattingen ihre Bedürftigkeit nachweisen. Auch das ist ein Schritt, der Überwindung kosten kann. Birgit Kutzner ist eine von fünf ehrenamtlichen Helfern, die die Hattinger Tafel in Sprockhövel unterstützen. Sie fängt an, aufzuräumen. Für heute ist die Arbeit getan. Nächste Woche wird sie wieder die Ausgabestelle öffnen.