Lehre mit Kind: Auch das geht
Nathalie Ditges absolviert eine Teilzeitausbildung. Ein Modell, das in Sprockhövel noch die Ausnahme ist.
Sprockhövel. Unzählige junge Leute beginnen jedes Jahr eine Ausbildung. Einige von ihnen mit Kind, das ist nicht ungewöhnlich. Oder doch? Als Nathalie Ditges ihre Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten begann, dachte sie, dass das schon funktionieren würde. Es funktionierte aber nur so lange, bis ihr Sohn krank wurde und sie dem Chef kurzfristig mitteilte, dass sie nicht zur Arbeit kommen könnte. Die Konsequenz: Ihr Chef kündigte ihr noch in der Probezeit. Ein Schock für die alleinerziehende Mutter — „ich wollte arbeiten und mir war es wichtig, einen Beruf zu erlernen und eine Ausbildung vorweisen zu können.“
Nach der Kündigung war es für sie schwierig eine neue Stelle zu finden. Auf ihre Bewerbungen erfolgten ausschließlich Absagen. Nathalie Ditges ist kein Einzelfall. Laut der Demografiebeauftragten des Ennepe-Ruhr-Kreises, Christa Beermann, gibt es viele motivierte junge Menschen, die aber — weil sie zum Beispiel alleinerziehend sind — keine Chance erhalten.
„Bedingt durch den Demografischen Wandel beginnen immer weniger junge Menschen eine Ausbildung. Umso ärgerlicher, wenn auf diese Weise potenzielle Auszubildende verloren gehen.“ Sie unterstützt daher das Projekt „Teilzeitausbildung“. Ein Modell, das seit 2005 angeboten wird und über das das HAZ (Hattingen Arbeit + Zukunft) informiert. Dort erkundigte sich auch Nathalie Ditges. „Mir war es wichtig, dass mein Arbeitgeber mit meinem Kind einverstanden ist“, sagt die 25-Jährige. „Als ich von der Teilzeitausbildungsstelle als Rechtsanwalts-Fachangestellte erfahren habe, habe ich mich sofort beworben.“
Elke Althäuser aus Niedersprockhövel bot die Stelle an, sie hat mit dem Modell der Teilzeitausbildung bereits gute Erfahrungen gemacht. „Eine Mitarbeiterin hat ihre Teilzeitausbildung bereits mit Erfolg abgeschlossen“, sagt die Rechtsanwältin. Ditges machte ein Praktikum bei ihr — die Chemie stimmte. Weil das neue Ausbildungsjahr jedoch schon begonnen hatte, folgte vor Beginn der Teilzeitausbildung eine knapp achtmonatige Einstiegsqualifizierung, mittlerweile ist Nathalie Ditges offiziell „Auszubildende“.
„Die Berufsschule besuche ich ganz normal, meine Wochenarbeitszeit beträgt allerdings nur 30 Stunden“, erzählt Ditges, der die Freude an der Ausbildung deutlich anzumerken ist. „Ich musste mich erst einfinden, aber mittlerweile klappt das ganz gut“, sagt sie und Elke Althäuser nickt bestätigend. Auch sie als Ausbilderin profitiert vom Teilzeit-Modell. „Ich bin selbst Mutter und teile meine Zeit so ein, dass ich den Nachmittag mit meinen beiden Kindern verbringen kann. Nathalie arbeitet von 9 bis 15 Uhr, das passt sehr gut.“
Theoretisch wäre sogar eine Wochenarbeitszeit unterhalb der 30 Stunden (die Berufsschulzeit wird eingerechnet) möglich. Dann würde sich die reguläre Ausbildungszeit aber auf dreieinhalb oder sogar vier Jahre verlängern. „Die anderen in meiner Berufsschulklasse sind schon manchmal neidisch, wenn sie meine Arbeitszeit hören. Aber sie vergessen dann, dass ich nach der Arbeit keine Freizeit habe, sondern mich um meinen Sohn kümmern muss.“