Letzte Ruhe für Hunde, Katzen und Meerschweinchen

Seit fünf Jahren können auf dem Tierfriedhof „Wolkenreise“ Haustiere bestattet werden.

Obersprockhövel. Es ist ein Dilemma: Für den Besitzer ist das eigene Tier zu einem Freund geworden.

Vom Gesetz wird es aber wie ein Gegenstand behandelt. Wird ein Tier vorsätzlich verletzt, droht eine Anzeige wegen Sachbeschädigung, stirbt ein Tier und soll im Garten „beerdigt“ werden, muss der Halter sich mit den europäischen „Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte“ auseinandersetzen, in der Heimtiere unter „Material der Kategorie 1“ fallen.

Dabei ist der verstorbene Zwei- oder Vierbeiner so viel mehr. Im besten Falle ist er treuer Begleiter, bester Freund oder Familienmitglied.

Landwirt Martin Hassel bemerkte die Verbundenheit mancher Menschen mit ihren Haustieren früh. Als er mit seinem Vater Kartoffeln auslieferte und bei einer Kundin wartete, entdeckte er Fotos von drei Schäferhunden. Alle waren bereits tot und doch hingen die Bilder der Tiere noch in der Wohnstube.

Der Vater erklärte dem 15-Jährigen die Bedeutung: Die Dame hatte Mann und Söhne im Krieg verloren, die Hunde waren zur Ersatzfamilie geworden. Der Gedanke daran ließ ihn nicht mehr los. Kurz zuvor hatte er in einer Zeitschrift von einem Tierfriedhof in Frankreich gelesen. Und so reifte in dem jungen Mann eine Idee, die er erst Jahre später verwirklichen würde — der Tierfriedhof „Wolkenreise“.

Seit fünf Jahren können Tierhalter nun ihre felligen oder gefiederten Weggefährten auf einem 5000 Quadratmeter großen Feld der Familie Hassel „beerdigen“. Vom Meerschweinchen über Katze und Hund bis zum Pferd sind hier Heimtiere vieler Arten vertreten.

Sogar ein Kakadu hat an der Kreftingstraße seine letzte Ruhe gefunden. Manches Grab ist liebevoll gestaltet, wird von einem Grabstein geziert, ein anderes von einem Holzkreuz. Einige Herrchen oder Frauchen kommen täglich.

Jede Beerdigung ist anders. Die führt Martin Hassel selbst durch. „Da ist kein großer Unterschied zwischen Menschen und Tieren“, sagt Hassel. Hinter jedem Verstorbenen stehe eine Geschichte, weiß er aus Erfahrung.

Ganz in Schwarz gekleidet würde der 52-jährige Landwirt eine Beisetzung aber nicht durchführen. „Für die Bestattung ziehen wir uns saubere Arbeitskleidung an. Ich möchte eine Trennung von Mensch und Tier beibehalten“, stellt er klar.

Auch ein Sarg ist nicht notwendig. „Ein Tuch reicht vollkommen“, erklärt Hassel. Ein spezieller Tierbestatter ist nur dann nötig, wenn das Tier eingeäschert werden soll.

Für Martin Hassel und seine Familie steht eines im Vordergrund: Den Tierbesitzern in ihren schweren Stunden zu helfen. Deshalb findet eine Tierbestattung oft schon kurz nach dem Tod statt — egal, ob Sonntag oder der erste Weihnachtstag ist. Mit der Beerdigung schließe sich für die Besitzer ein Kreis, weiß Hassel.