Neues Gymnasium in Sprockhövel? Bedarf ist da, doch die Kosten sind zu hoch

Arbeitsgruppe Bildungsentwicklung diskutiert über den Bau einer neuen Schule in der Stadt. Frage des Nutzens bleibt umstritten.

Foto: G. Bartsch

Sprockhövel. Trotz aller Debatten um das „Turbo-Abi“ — das Gymnasium bleibt bei den Sprockhöveler Schülern die beliebteste weiterführende Schulform. Zugleich gibt es allerdings kein Gymnasium in der Stadt; nicht zuletzt deshalb ist derzeit wieder eine Diskussion darüber entflammt, ob die Kommune ein eigenes Gymnasium bauen und betreiben soll. Die Arbeitsgemeinschaft „Bildungsentwicklung“ der Zukunftskommission der Stadt diskutierte jetzt über das Für und Wider einer solchen Schule.

Hintergrund der Debatte ist ein Antrag der SPD vom Sommer dieses Jahres. Auch in den anderen Parteien und in der Verwaltung findet die Initiative Unterstützung, allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Das wurde bei der Diskussion der Arbeitsgruppe in der Grundschule Börgersbruch deutlich. So manches Mitglied der Arbeitsgruppe schrecken zum Beispiel die hohen Kosten für den Bau und Betrieb eines Gymnasiums ab.

Ein grundsätzlicher Bedarf für ein Gymnasium wäre nach Ansicht der Verwaltung auf jeden Fall gegeben. Das machte die für Schulfragen zuständige Fachbereichsleiterin Evelyn Müller deutlich. „Es gibt in Sprockhövel eine sehr starke Tendenz zum Gymnasium, in den vergangenen Jahren hat die Gesamtschule noch etwas aufgeholt“, erklärte sie. Grund sei möglicherweise die mittlerweile wieder abgeschaffte Verkürzung des Abiturs auf acht Jahre (G8) und die damit einhergehende Verdichtung des Lehrstoffes für die Schüler von Gymnasien.

Ein Blick auf die Statistik, die in der jetzt vorgelegten Schulentwicklungsplanung aufgeführt ist, zeigt den Run auf Gymnasium und Gesamtschule. So wechselten zum Schuljahr 2016/17 immerhin 85 Kinder aus Sprockhövel von einer Grundschule auf ein Gymnasium.

Bevor jedoch ein politischer Beschluss über den Bau eines Gymnasiums erfolgen kann, sind noch etliche Fragen zu klären. Dazu zählt eine Befragung unter Eltern von Dritt- und Viertklässlern aus Sprockhövel, um zu ermitteln, wie groß der aktuelle Bedarf für diese Schulform ist.

Außerdem muss sich die Stadt mit den Nachbarkommunen abstimmen, inwieweit die Gründung eines Gymnasiums dort gebilligt wird. Vor allem die Gymnasien in Hattingen und Gevelsberg könnten von einem „Abzug“ der Sprockhöveler Schüler betroffen sein. Und auch die Bezirksregierung Arnsberg muss ihre Zustimmung erteilen.

Nach Angaben von Müller müsste das neue Gymnasium mindestens dreizügig sein und pro Klasse mindestens 27 Kinder aufnehmen. Die Zahl von 81 Schülern pro Jahrgang müsse allein mit Jungen und Mädchen aus Sprockhövel erreicht werden — und zwar über einen Zeitraum von fünf Jahren. Ersatzweise könnte allerdings auch eine Beschulungsvereinbarung abgeschlossen werden, wonach eine bestimmte Anzahl von Schülern der Nachbarkommunen in dem Sprockhöveler Gymnasium unterrichtet wird. Dann könnten die Schülerzahlen in diese Rechnung mit einbezogen werden.

Dass die finanzielle Belastung für die ohnehin nicht auf Rosen gebettete Stadt hoch ist, machte der Leiter der Zentralen Gebäudebewirtschaftung der Stadt Sprockhövel (ZGS), Ralph Holtze, deutlich. Allein die Kosten für ein Grundstück und den Bau der Schule könnten sich auf 23 bis 30 Millionen Euro belaufen — je nachdem, ob eine Dreifachsporthalle gebaut wird oder nicht. Hinzu kommen dann noch die Kosten für die Ausstattung und den Betrieb der Schule.

Großartige Fördermittel durch das Land sind dabei nicht zu erwarten. Sollte die Stadt einen Null-Zins-Kredit der landeseigenen NRW-Bank bekommen, sei mit einer jährlichen Tilgung von 730 000 bis 1,3 Millionen Euro zu rechnen, sagte Holtze. Die Rückzahlung des Kredites könnte mehr als 30 Jahre dauern.

Diese Zahlen machten den Mitgliedern der Arbeitsgruppe die Größe der geplanten Maßnahme deutlich. Zudem ist derzeit noch unklar, wo die Schule gebaut werden könnte. Aufgrund der „bipolaren Struktur“ von Sprockhövel mit seinen beiden Ortsteilen Haßlinghausen und Niedersprockhövel würden nicht alle Schüler in gleichem Maße von einer solchen Einrichtung profitieren, einige müssten trotzdem weiterhin den öffentlichen Nahverkehr nutzen.

Aus Sicht der Stadt würde die Einrichtung eines Gymnasiums Planungssicherheit für die Schulentwicklung geben. „Wir müssen berücksichtigen, was die anderen Städte für die Beschulung von uns verlangen“, sagte Müller. Für den Betrieb eines Gymnasiums gebe es — je nach Nutzung der Schule — eine Ppauschale des Landes von 225 000 bis 430 000 Euro pro Jahr, betonte Holtze. Zudem erhält die Stadt derzeit eine Bildungspauschale von 258 Euro pro Schüler und Jahr. Bei einer steigenden Schülerzahl in der Kommune würden die Zuschüsse aus diesem Posten natürlich zulegen.