NS-Geschichte: Auf den Spuren eines Sprockhöveler Lehrers
Das Archiv erhielt den Nachlass des 1955 verstorbenen Nikolaus Schmitt. Das NSDAP-Mitglied unterrichtete an der Grundschule Nord.
Sprockhövel. Was steht dahinter, was für ein Mensch wird hier sichtbar? Bürgermeister Klaus Walterscheid weist auf die Papiere, die der Geschichtsforscher Ortwin Bickhove-Swiderski im Rathaus an die Stadtarchivarin Karin Hockamp übergab. Es sind Fotos und Dokumente, den Sprockhöveler Lehrer Nikolaus Schmitt (1893-1955) betreffend.
Seit 1933 Mitglied der NSDAP, im NS-Lehrerbund, Ortsamtswalter der NS Volkswohlfahrt und Reserve-Scharführer der SA. Und es sind Dokumente, die Nachkriegszeit und Entnazifizierung betreffen. Hockamp: „Die Dokumente zeigen am Beispiel eines Sprockhöveler Lehrers, wie ein mehr oder weniger engagierter Nationalsozialist den Übergang in die demokratisch verfasste Bundesrepublik bewältigte.“
Sogenannte Persilscheine zeigen, dass Schmitt jedenfalls recht flink auf die gewandelten Zeitläufe reagierte. Schmitt sei ein Lehrer, „der die Kinder im modernen Staatsgeist erzieht“, attestiert ihm 1948 der Schulrat des EN-Kreises. Und Pfarrer Heyng erwähnt in einem Schreiben aus demselben Jahr, dass der in der NS-Zeit aus der Kirche ausgetretene Schmitt gleich 1945 den Weg zurückgefunden habe.
Bevor Schmitt wieder an die Schule Nord zurück konnte, war der als „Mitläufer“ eingestufte mit Kartoffelkäfer-Suchen beschäftigt, als Hilfsarbeiter im Einsatz, als Magazinschreiber auf einer Zeche. 1947 war er stark unterernährt und nicht mehr arbeitsfähig.
„Täter? Opfer? Von allem ein bisschen wohl“, sagt Hockamp. Alltagsleben zeigen die Dokumente genauso Unterrichtsmaterialien Unterichtsmaterialien zur NS-Rassenkunde. Die Papiere stammen wohl aus einer Haushaltsauflösung. Ein Duisburger Altpapierhändler, der wusste, dass sich Bickhove-Swiderski, der Autor des Buches „Dülmen unter dem Hakenkreuz“ für solches Material interessiert, benachrichtigte ihn.
Und der dachte sofort an das Sprockhöveler Stadtarchiv, da er wegen des Buches schon mit Hockamp in Kontakt getreten war. Sie hat inzwischen recherchiert, dass Schmitt als letzter der suspendierten Lehrer wieder eingestellt worden war. Und hat einen ehemaligen Schüler gefunden, der angibt, als „Halbjude“ unter Schmitt gelitten zu haben.
Bickhove-Swiderski sieht in dem Material einen guten Ansatz nicht zuletzt für den Schulunterricht, sich diesem Kapitel deutscher Geschichte zu nähern.