Obersprockhövel: Sanfte Riesen im Bergischen
Heike und Rudolf Uebelgünn züchten auf ihrem Hof „Shire Horses“ – die größte Pferderasse der Welt.
Obersprockhövel. So wie sich Storefield Lady Aysha bewegt, erinnert das an eine ältere Dame, die im Pelzmantel über die Düsseldorfer Kö stolziert: Die Nase hoch in der Luft, als ob sie gleich die Wolken berührt. Die "Lady" wirkt selbstverliebt, aber nicht unsympathisch. Dem aus England eingeflogenen Richter gefällt wohl dieser Hauch emotionaler Kühle.
Immerhin: In der Pferde-Szene ist die braune Stute "Lady Aysha" ein erfolgreiches Modell. An diesem Sonntag wurde sie auf der ersten Landeszuchtshow NRW der "Shire Horses" in Sprockhövel präsentiert - und heimste in ihrer Alterklasse den zweiten Platz ein. Das freut ihre Besitzer und Veranstalter Heike und Rudolf Uebelgünn natürlich.
Vor vier Jahren entschied sich das Paar, "Shire Horses" zu züchten. "In einer Pferde-Zeitschrift sind wir auf diese Rasse aufmerksam geworden", sagt Heike Uebelgünn. In Deutschland leben schätzungsweise 1000 "Shires". In Sprockhövel sind die Uebelgünns die einzigen Züchter dieser Kaltblüter-Rasse.
Wenn auch zahlenmäßig in der Minderheit gelten die "Shire Horses" als die größte Pferde-Rasse der Welt. Die Statur eines Baumfällers von 1,80 bis 2 Metern haben sie allemal. Aus diesem Grund haben ihnen Tierliebhaber in ihrer Heimat England auch den liebevollen Kosenamen "Gentle Giant" (auf Deutsch: sanfter Riese) gegeben.
Im Wind wehen die kleinen Schleifchen in der sonst so wilden und welligen Mähne der "Lady", als sie bedächtig lostrabt. Kritisch beäugt sie ihre Konkurrenz: 27Pferde, deren Besitzer aus ganz NRW, Niedersachsen und sogar aus den Niederlanden angereist sind. Schließlich wollen sie alle wissen: Wer ist die Schönste in der Shire Horse-Welt?
Vor Jahrhunderten noch scherte sich der englische Arbeiter keinen Deut darum, ob das Fuhrwerk ziehende Brauerei-Pferd irgendwelchen Rasse-Kriterien entspricht. Ursprünglich als Ritterpferd gezüchtet, malochten die "Shires" auf den Feldern Englands - ein Wirtschaftsfaktor, der Handel und Transport in der Industrialisierung ankurbelte.
Nicht für eine Brauerei wie ihre Vorfahren, sondern für die Sprockhöveler Destillerie und Brennerei von Michael Habbel hat "Lady" als "Werbe-Pferd" gearbeitet. Das hat Tradition. Als ehemalige Kutschpferde englischer Brauereien sind "Shires" bis heute in Emblemen englischer Pubs und Brauereien zu finden.
Übrigens: In der Pferde-Box wird es vielleicht bald eng werden. Der Grund: Sehnlich warten alle auf das Ultraschall-Ergebnis des Tierarztes: Ist "Lady Aysha" im Babyglück?