Schwertransport: Auf 18 Achsen durch die schlafende Stadt
Der Weg eines 155 Tonnen schweren Getriebes für den Export führte Mittwoch Nacht auch durch Sprockhövel.
Sprockhövel. Gerade zehn Minuten dauerte Mittwoch kurz vor Mitternacht der Spuk am kleinen Kreisverkehr Hobeuken, staunendbeobachtet von einer Handvoll nächtlicher Zaungäste und dreiAutofahrern, die warten mussten. Im Zeitlupentempo schob sich ein 60Meter langer Schwertransport mit seinen 18Achsen und einem 155Tonnen-Getriebe-Ungetüm huckepack, so geradlinig wie möglich durch dasRund.
Zwillingsreifen für Zwillingsreifen - jeder bei einemGesamtgewicht des Zuges von 315 Tonnen mit bis zu zehn Tonnen belastet- wälzte sich die aufgepflasterte Randeinfassung hoch. Die war nach demBau des Kreisels vor einigen Jahren noch verstärkt worden, nachdem dieUrsprungsfassung selbst Alltagsverkehr nicht standhielt.
Was für die Kantsteine zur (erfolgreichen) Belastungsprobe geriet,war für die Männer, die den Tross begleiteten, nur Routine. Mehrmalsdie Woche sind etwa die Mitarbeiter der MoerserSchwerlasttransportfirma Kahl deutschlandweit unterwegs, umMaschinenteile oder riesige Gießpfannen von ihren Auslieferungswerkenzu den Bestimmungsorten zu bringen.
Diesmal handelte es sich um einenbei der SMS-Siemag im siegerländischen Hilchenbach gefertigten mehr alsvier Meter hohen und breiten sowie etwa zehn Meter langenGetriebeblock. Er soll einmal er eine Schopfschere in einemBlechwalzwerk in Korea antreiben. Über die Landstraße geht es zunächstin vier Nacht-Etappen aus dem Siegerland bis zum Gelsenkirchener Hafen.Dort wird der Koloss aufs Binnenschiff verladen und dann RichtungBremerhaven geschickt.
Dieser Weg führte in der Nacht schnurgerade durchSprockhövel, die B51 entlang. "Das ist fast eine Rennstrecke, Problememachen hauptsächlich Kreisverkehre", sagte Ralf Schultze von derRSV-Verkehrsleittechnik aus Hagen. Sein Team räumt Schilder oder Ampelnaus dem Weg. Kaum hatte der Zug den Kreisverkehr überwunden und dieFahrt mit 30Stundenkilometern fortgesetzt, schweißten Schultze und seinKollege den zuvor abgeflexten Pfosten mit dem Kreisverkehrsschildwieder an.
Am längsten hatte es an diesem Abend am Kreisverkehr am Mollenkottengedauert, wo der Transport, der vorne und hinten von je 660 PS starkenZugmaschinen angetrieben wurde, rangieren musste, weil er den weitenKreisradius nicht in einem Zug bewältigen konnte. Dabei riss eineDruckluftleitung, die erst wieder geflickt werden musste.
Während der Transport danach relativ zügig dem gestrigen Ziel an derKosterstraße in Hattingen zustrebte, war die Nachhut am Kreisverkehrnoch damit beschäftigt, die vorher in den Randbeeten zum Schutz vor denReifen ausgelegten Stahlplatten wieder einzusammeln, einen beiseitegeräumten Findling ebenfalls per Kran wieder am Straßenrand zuplatzieren und die Holzkeile zum Schutz der Kantsteine einzusammeln.
Gibt es nachweislich Beschädigungen, stellen die Städte das inRechnung. Fahrer Hermann Feltes, der den Job seit 24 Jahren macht,freut sich schon darauf, nachher in die Koje seines Lastzugs kletternzu können. "Heute könnte das schon so gegen 2 Uhr sein", mutmaßt er noch.
"2.45 Uhr Beendigung des Einsatzes an der Kosterbrücke" wird nachherim Protokoll der Verkehrspolizisten stehen. Insgesamt dreiStreifenwagenbesatzungen haben den Zug zur Absicherung des sonstigenVerkehrs begleitet. Für die rund zehn Kilometer durch Sprockhövelbenötigte der Tross am Ende nur eine knappe halbe Stunde. DerKreisverkehr am Hobeuken hatte sich dort als einziges nennenswertesHindernis erwiesen.