Untreue im Jobcenter: Muss der Kreis für den Schaden haften?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales fordert mehr als 700 000 Euro. Der Angeklagten droht eine mehrjährige Haftstrafe.

Sprockhövel/Schwelm. Die Ermittlungen gegen die 54-jährige Sprockhövelerin, die Gelder des Jobcenters Schwelm veruntreut haben soll, sind beendet. „Gegen die Frau wird Anklage wegen Untreue in besonders schwerem Fall erhoben, ihr Mann und eine weitere Mitarbeiterin des Job-Centers müssen sich wegen Beihilfe vor Gericht verantworten“, sagt Hans-Werner Münker, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hagen. Er rechnet damit, dass der Prozess nicht vor 2012 am zuständigen Amtsgericht beginnen wird. Sollte die Haupttäterin verurteilt werden, droht ihr eine mehrjährige Haftstrafe. „Ihr werden insgesamt 408 Einzeltaten vorgeworfen. Das Strafmaß für schwere Untreue liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren“, erklärt Münker. Im Fall der Sprockhövelerin sei mit einer Gesamtstrafe in Form einer „empfindlichen Freiheitsstrafe“, maximal jedoch vier Jahren Haft, zu rechnen. Höhere Haftstrafen darf ein Amtsgericht nicht aussprechen. Sollten die Richter zu einem höheren Strafmaß kommen, müsste der Prozess an das Landgericht übergeben werden.

Der Schaden, der durch die Taten der Sprockhövelerin entstand, liegt laut Münker „bei mehreren hunderttausend Euro“. In den ersten Ermittlungen sei man von einem Schaden von zirka einer halben Million Euro ausgegangen, die tatsächliche Summe liege jedoch noch höher. Interne Erhebungen des Job-Centers EN ergaben einen Gesamtschaden von 711 688,08 Euro. „Unsere Ermittlungen kommen auf einen etwas niedrigeren Wert“, so Münker.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat indes den Ennepe-Ruhr-Kreis aufgefordert, die „unsachgemäß abgerufenen Bundesmittel“ in voller Höhe zu erstatten. Hierbei handelt es sich um eine Summe von 694 824,32 Euro — ein Teilbetrag von 16 853,76 Euro des Gesamtschadens sind kommunale Mittel. Der Kreis will die Rechtslage prüfen lassen. In einer Vorlage der Verwaltung wird darauf verwiesen, dass bislang nicht höchstrichterlich geklärt sei, ob im Fall manipulierter Zahlungen ein Erstattungsanspruch des BMAS gegen einen zugelassenen kommunalen Träger besteht. Bis die Sachlage geklärt ist, stimmte der Kreistag daher unter Vorbehalt zu, den geforderten Betrag an das BMAS zu überweisen.