Gastbeitrag Vom Wundern über das Wunder von Weihnachten

Martin Funda ist Pfarrer und Kabarettist. Der WZ hat er das Fest erklärt - auf eine sehr humoristische Art und Weise.

Pfarrer Martin Funda.

Foto: Fries, Stefan (fri)

O, du fröhliche

Advent ist, wenn der Pfarrer von Besinnung zu Besinnung hetzt. Und dann ist ganz plötzlich Heiligabend! Dass das so schnell geht, habe ich im Studium nicht gelernt. So überraschend! Wie auch die Geburt Jesu! Darum geht es ja. Und was erzähle ich im Gottesdienst? Wie sag ich’s meinem Kinde? Die Botschaft ist klar, die haben Engel verkündet: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf der Erde bei den Menschen, die Gott wohlgefallen!“ Also der Reihe nach.

„Ehre sei Gott“

Gott zu ehren, ist im Prinzip natürlich überall möglich, sogar im Wald – auch wenn sich die wenigsten vom Förster beerdigen lassen wollen. Aber die Königsklasse ist natürlich der Gottesdienst. Und was für die Champions League das Endspiel, das ist in diesem Fall der Heilig Abend-Gottesdienst. Was können wir bei der Familie Hoppenstedt von Loriot beobachten? Baum schmücken, Gedicht aufsagen, Geschenke auspacken, Lieder absingen, Essen, Eierlikör und endlich gemütlich sein kann doch nicht alles sein. Außerdem war früher mehr Lametta! Also auch in die Kirche. Das sehen auch noch immer erstaunlich viele Menschen so.

„Friede auf der Erde“

Am 24. 12. kommen ca. 3500 Menschen in die 9 (neun!) Gottesdienste unserer Gemeinde. Und alle wollen vorne sitzen, bzw. gut sehen und hören können und Bekannte sehen und... Wir brauchen einen Ordnungsdienst, damit nicht schon vor der Kirchentür im Gedrängel der Friede auf Erden flöten geht.

Und die Botschaft gilt aller Welt, also auch völlig unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Die einen brauchen Erbauung, die anderen Entertainment, die meisten wollen singen – aber was? Choräle, Gospel, Lieder, Schlager? Von „Süßer die Glocken“ bis „Last Christmas“. Mit Orgel, Band, Gitarre, Blockflöte?

Die Schwierigsten sind die Menschen, die sagen, sie würden ja in die Kirche kommen, wenn sich etwas ändern würde. Aber sie kommen nie, um nachzusehen, ob sich etwas geändert hat – außer am Heiligen Abend. Und da soll alles so sein wie früher. Da war auch mehr Lametta.

„In der Höhe“

Es kann nur daneben gehen. Da hilft nur das Wunder der Heiligen Nacht. Der Klassiker zum Wundern schlechthin ist das Krippenspiel. Das ist nicht unmäßig originell. Muss auch nicht sein, denn Gott schenkt uns schließlich auch jedes Jahr das Gleiche, nämlich keine Krawatte, sondern seinen Sohn. Dieses Vorbild machte es mir einfach, wenn die Besucher nicht doch auf einen Gimmick hoffen würden. Wenn es jedes Mal etwas Neues sein sollte, bräuchte man bei jeweils neun Gottesdiensten in 2000 Jahren 18 000 Ideen. Da beschenke ich doch lieber meinen Vater, was eigentlich unmöglich ist.

Beschränke ich mich auf die Weihnachtsgeschichte, muss ich verklären, denn nüchtern betrachtet handelt es sich um ein Geschehen mit Migrationshintergrund in prekären Verhältnissen und höchst unheiligen Familienverhältnissen. Und dann kommen in den provisorischen Kreißsaal noch Horden von Outlaws in Begleitung septischer Tiere und Wanderarbeiter. Das ist uns heute total fremd, oder?

Am Ende der Knaller für die Predigt: „Bei den Menschen, die Gott wohlgefallen“

Wenn ich in die Bibel schaue, was Gott wohl gefällt, lese ich, dass wir als Vegetarier gedacht sind (Gen 1,29) und dass wir die Schöpfung bewahren sollen, also keine Flugreisen mehr, kein Abfahrtsski, keine SUVs... Aber Suff am Heiligen Abend sollte sowieso kein Thema sein. Überhaupt muss ich mich zurückhalten, sonst verschrecke ich die Gemeinde mehr als der Engel, der plötzlich aus heiterem Himmel auftaucht. Und der fängt seine Predigt an mit „Fürchtet euch nicht!“

Ich baue also lieber auf das Antriggern der Kindheit in uns allen. „Mach’s wie Gott, werde Mensch!“ Am besten wie ein Kind: staune, lass dich überraschen und beschenken. So sag ich‘s meinem Kinde: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf der Erde bei den Menschen, die Gott wohlgefallen!“

Das Beste passiert nach dem Gottesdienst: In der Heiligen Nacht endet der Advent. Und am 25. 12. beginnt die Weihnachtszeit, o, die fröhliche! Zum Beispiel beim Gottesdienst am 2. Feiertag in der Zwiebelturmkirche mit Wunschliedern auf Zuruf.


Ich wünsche allen eine fröhliche Weihnachtszeit. Kommen Sie heil und froh über die Tage.