Tigerente, Tiger und Bär Warum Janosch Grund zum Feiern hat
Janosch - ist das nicht der mit der Tigerente? Ja, ist er. Auch das Kultbuch „Oh, wie schön ist Panama“ stammt von ihm. Doch sein Werk umfasst viel mehr, auch dunkle Seiten und viele kleine Lebensweisheiten - jetzt steht ein besonderes Jubiläum an.
Viele von Janoschs Geschichten besitzen etwas Tröstliches. Als der kleine Tiger in einer davon klagt, wie schlecht es ihm geht, sagt der Bär: „Halb so schlimm (...) Ich mach dich gesund“. Er kocht ihm Bouillon und zum Nachtisch gibt es Himbeeren aus dem Garten. Es ist diese herzenswarme, idyllische und einfache Welt, die seit Jahrzehnten Kinder und Erwachsene begeistert. Doch es gibt auch eine dunkle Seite, die in Janoschs Romanen für Erwachsene zutage tritt und Einblicke vor allem in die harte Kindheit des Autors und Illustrators gibt, der am Donnerstag (11. März) in seiner spanischen Wahlheimat Teneriffa seinen 90. Geburtstag feiert.
1931 wurde der Künstler als Horst Eckert im oberschlesischen Bergarbeiterort Zabrze im heutigen Polen geboren. Eine Kindheit in der Hölle. „Die ersten Jahre meines Lebens waren die totale Zerstörung meiner Person“, sagte er mal der „Süddeutschen Zeitung“. Sein Vater terrorisierte die Familie mit Alkoholexzessen, auch die Mutter trank, und obendrein wurde er von beiden geschlagen, vor allem wenn er ihren hochambitionierten und bisweilen größenwahnsinnigen Wunschvorstellungen nicht entsprach.
Auch mit der Strenge der katholischen Kirche haderte Janosch schon als Kind - gepeinigt von der Angst, wegen seiner Sünden im Fegefeuer zu schmoren. Und dann gab es noch die „Quälerei in der Hitlerjugend“, wie er es nannte, wo er beitreten musste. Körperlich konnte er nicht mit den anderen mithalten. Wie das war, erzählt er im Filmporträt „Janosch - ja ist gut, nein ist gut“, zu sehen in der Mediathek des Bayerischen Rundfunks (BR). „Die hatten mich auf dem Kieker“, erzählt er darin. „Dann haben sie mich geschliffen, bis zum Umfallen.“
Viele dieser düsteren Erinnerungen schildert er in seinen Büchern, etwa in „Cholonek oder der liebe Gott aus Lehm“, in dem er schonungslos Erinnerungen an seine Kindheit in dem Bergarbeiterdorf einbettet. Doch er wird auch wehmütig beim Gedanken an die verlorene Heimat, die die Familie nach dem Zweiten Weltkrieg fluchtartig verließ, bis sie schließlich in der Nähe von Oldenburg landete. In „Polski Blues“ schreibt er später, „Polen ist ein Heimwehland“.
Viele Jahre lebte Janosch auch in einem Häuschen am Ammersee. Dass er mal berühmt werden würde, Preise bekommen, mehr als 300 Bücher schreiben und in rund 40 Sprachen übersetzt werden würde, das ahnte er damals nicht. Die Kunstakademie in München lehnte ihn ab. Und erste Bücher wie „Die Geschichte vom Pferd Valek“ waren kein Erfolg. Aus Wut habe er einen Racheakt geplant. „Ich wollte ein Kitschbuch machen“, bekennt er in dem BR-Film. „Es muss ein Kuschelbär dabei sein und der Bär muss eine Reise machen und er muss einen Freund haben. Und schon fangen die Weiber an, zu heulen.“
Und tatsächlich: Das Büchlein „Oh, wie schön ist Panama“ von 1978 brachte ihm den Durchbruch. Auch andere Werke wurden populär, etwa „Kasper Mütze“ oder „Lari Fari Mogelzahn“. Doch Tiger, Bär und Tigerente wurde er nicht mehr los. Noch heute zieren sie Schnuller, Tassen, Socken, Freundschaftsbücher und vieles mehr. Ein lukratives Lizenzgeschäft der Janosch Film & Medien AG, an dem der Künstler aber offenbar kein Interesse hat. „Ich habe nichts damit zu tun, ich sehe das auch nicht, ist zu weit weg. Das ist eine andere Baustelle“, sagte er mal.
Dass er auch Romane und Theaterstücke für Erwachsene verfasste und die pikanten Geschichten des französischen Adligen Marquis de Sade bebilderte - das wissen viele nicht. Diese Werke wurden verdrängt von seinen Kultfiguren aus der heilen Welt. Bei Tiger, Bär und ihren Freunden geht es lustig zu, frech, launisch, schadenfroh und wild. Sie rebellieren gegen die Obrigkeit, sind liebevoll und warmherzig. Das gute Essen kommt aus Wald, Fluss und Garten, etwa geschmorte Morchelpilze in pikanter Pfeffertunke oder Waldbeerenkompott mit Honig.
Eine Art Seelenpflaster für die Leser - und für Janosch selbst, der eine Welt schuf, von der er als Kind nur träumen konnte. Jahrzehntelang hatte er düstere Gedanken mit Alkohol betäubt, auch während er Bücher schrieb. Er habe mit dem Verstand aus seinem Kopf aussteigen müssen, vertraute er seiner Biografin Angela Bajorek an.
Viele Werke stecken dennoch voller Lebensweisheiten und vergnüglicher Betrachtungen. Etwa „Der Esel und die Eule“: Der Esel trägt seine Geliebte bei einer langen Reise auf dem Rücken und ist danach völlig abgemagert und kraftlos. „Aber was kann einen schon drücken, sitzt die Geliebte obenauf? - Wohl nichts, oder?“, heißt es lakonisch.
Einblicke in sein Schaffen gibt eine große Ausstellung in Tübingen. Von Donnerstag bis zum 28. August zeigt die Art 28 Gallery mehr als 400 Werke: Radierungen, Fotos, Gemälde und vieles mehr.
Janosch hat inzwischen seinen Frieden gefunden. Seit mehr als 40 Jahren lebt er auf Teneriffa mit seiner Frau Ines, zufrieden mit dem, was er hat. Davon zeugen die Kolumnen, die er sechs Jahre lang für das „Zeit“-Magazin schrieb und die vereint sind in dem Buch „Herr Wondrak, wie kommt man durchs Leben?“. Janosch zeige, wie man so einiges zuwege bringen könne, wenn man sich nur die Kraft bewahre, zu träumen, schreibt der Journalist Tillmann Prüfer im Vorwort.
Im Mai 2019 verriet Janosch in der Kolumne sein Geheimnis für ein zufriedenes Leben: „Nichts haben, nichts wollen, nichts wissen, nichts denken.“ Zum 90. Geburtstag meldet er sich erneut zu Wort. Ob er sich über Geschenke zu seinem Ehrentag freue? „Nein, man freut sich erst über die zum 98.“.