Herr Hergett, wie sieht der „Alltag“ eines Wirtschaftsförderers in Corona-Zeiten aus?
Tönisvorst:Wirtschaftsförderer Markus Hergett im WZ-Interview „Tönisvorst die Treue halten!“
Tönisvorst · Interview In der Corona-Krise kommt es auf Wirtschaftsförderer wie Markus Hergett an. Was er gerade tut, erklärte er im WZ-Gespräch.
Markus Hergett: Seit Beginn der Corona-Krise hat sich die Schlagzahl für mich und die Kollegen und Kolleginnen in den anderen Kommunen drastisch erhöht. Quantitativ, aber in Einzelfällen auch qualitativ. Heißt: Die Art der Fragen hat sich im Vergleich zu den Zeiten vor Corona verändert. Hier zeigt sich aber auch sehr konkret, was man mit einem guten und mit viel Aufwand ausgebauten persönlichen Netzwerk in schwierigen Zeiten leisten kann.
Wie können Sie den ansässigen Unternehmen helfen?
Hergett: Als Wirtschaftsförderer kann ich den Unternehmen in vielen Fällen helfen – das geschieht mit sehr vielen Beratungen. Da ist von Finanzierungs- und Organisationsfragen bis hin zu den Möglichkeiten von Onlineshops eigentlich nahezu alles dabei. Die Corona-Krise ist aber auch eine „Krise der Informationen“. Auf uns alle und vor allem auch auf die Unternehmer prasseln sehr viele, sich teilweise widersprechende Informationen nieder.
Wie gehen Sie damit um?
Hergett: Indem ich seriöse Informationen beschaffe, auswähle und kurz und verständlich für die Unternehmen aufbereite. Mein in der Vergangenheit aufgebauter E-Mail-Verteiler ist eine gute Basis für die Informationsverbreitung an die Tönisvorster Unternehmer. Kernthemen sind vor allem Fördermittel und sonstige Hilfen – je einfacher und niedrigschwelliger desto besser. In den letzten zwei Wochen konnte ich so täglich die Unternehmen mit wichtigen und gut nutzbaren Informationen versorgen. Das wird dankbar angenommen und mir auch durch viele Kontakte so persönlich bestätigt.
Was können die Tönisvorster tun, um ihren stationären Einzelhandel zu unterstützen?
Hergett: Vor allem Tönisvorst treu bleiben und bei Wiederöffnung der Verkaufsflächen wieder in die Innenstädte kommen! Aber auch die Lieferangebote unter www.toevo-liefert.de ins Auge fassen. Eine Unterstützung für unsere lokalen Einzelhändler, Gastronomen, Handwerker und Dienstleister ist wirklich sehr wichtig und es gibt viele kleine Unterstützungsinitiativen aus der Bevölkerung. Die großen Onlinehändler haben natürlich in Zeiten, in denen viele Menschen zu Hause sein müssen, besonders leichtes Spiel, ihre Umsätze ausbauen. Aber die Krise ist auch für uns in Tönisvorst ganz konkret ein „Digitalisierungsbooster“: Aktuell steigen die Chancen für eine schnelle Realisierung einer Einkaufsplattform und von Onlineshops deutlich. Anfang März waren Bürgermeister Thomas Goßen und ich mit einer Gruppe aus den Vorständen der Werbegemeinschaften in der „SmartCity Ahaus“. Die dort gewonnenen Impulse können jetzt direkt hier vor Ort genutzt werden.
Laufen Ansiedlungsprojekte, die vor Monaten angestoßen wurden, nun weiter – Stichwort: Höhenhöfe? Oder wurden sie wegen der Pandemie erst einmal auf Eis gelegt?
Hergett: Die derzeit größten Projekte an den Höhenhöfen, das sind die Projekte der Firmen Noffz Technologies und Samco, werden schon seit deutlich mehr als einem Jahr von der Wirtschaftsförderung betreut. Die Projekte laufen weiter, die Notartermine wurden aber, aufgrund von individuellen Reisebeschränkungen von Teilen der Vertragspartner, verschoben. Die beiden genannten Unternehmen sind top aufgestellt, aber derzeit sind nahezu alle Unternehmen von den Auswirkungen der globalen Coronakrise betroffen – in unterschiedlichen Ausmaßen. Mir wird aber sehr deutlich signalisiert: Es gibt auch eine Zeit nach der Krise und dann geht’s mit Volldampf weiter! Auch die Neuakquisition von Projekten steht nicht still, auch in diesen für die Unternehmen schwierigen Wochen kommen neue Anfragen auf mich zu. Auch andere Projekte laufen derzeit einfach weiter.
Besonders betroffen sind auch die Landwirte, vor allem durch den Wegfall von Erntehelfern aus dem Ausland. Was raten Sie den Betrieben?
Hergett: Es stimmt, vor allem die Landwirte, die Obst und Gemüse anbauen, sind betroffen. Hier ist es wichtig festzustellen, dass sie in engem Austausch mit ihren Interessenvertretungen und der Landwirtschaftskammer stehen. Das funktioniert sehr gut und die Problemstellung ist in der Politik mit aller Deutlichkeit angekommen. Weitere Lösungsansätze, wie zum Beispiel der Einsatz von temporär verfügbaren inländischen Kräften, beispielsweise Studenten, können die Auswirkungen des Ausfalls der ausländischen Erntehelfer vielleicht ein wenig mildern. Ich befürchte aber, dass es auch bei unseren Landwirten zu krisenbedingten Umsatzausfällen kommen könnte. Hier sind die Soforthilfen von Bund und Land zumindest ein Einstieg in eine Unterstützung.