Prozess Toter 15-Jähriger in Köln - lange Haftstrafen für Haupttäter

Köln · Revierkämpfe, eine Aussage und ein Verrat? Hinter dem Mord an einem 15-Jährigen in Köln soll ein Konflikt im Drogenmilieu stehen. Das Landgericht spricht von einer Tat auf „niedrigster Stufe“.

Ermittler bei der Arbeit: Mehrere Monate nach dem Fund eines toten 15-Jährigen hat das Landgericht Köln Urteile gesprochen. (Archivbild)

Foto: Sascha Thelen/dpa

Im Prozess um die Tötung eines 15-Jährigen sind in Köln mehrere Angeklagte zu Haftstrafen verurteilt worden. Das Landgericht sprach einen 19- und einen 27-Jährigen wegen gemeinschaftlichen Mordes in Tateinheit mit Freiheitsberaubung mit Todesfolge schuldig. Der 27-Jährige erhielt eine lebenslange Haftstrafe, der 19-Jährige neun Jahre Haft nach Jugendstrafrecht. Der 27-Jährige, der im Prozess jede Verantwortung von sich gewiesen hatte, schlug nach der Urteilsbegründung wütend auf die Anklagebank und rief: „Ich habe das nicht gemacht, Mann! Ich habe den nicht getötet!“

In dem Prozess war es um den Tod eines 15-Jährigen gegangen. Die Täter hatten ihn nach Ansicht der Ermittler im März in ein abgelegenes Areal am Hafen im Kölner Ortsteil Mülheim geführt und getötet. Die Staatsanwaltschaft war in ihrer Anklage unter anderem von „Wut und Rache“ als Motiv ausgegangen. Die Kleidung des Opfers sei danach verbrannt worden.

„Vergeltung für Ungehorsam“ als Motiv

Das Gericht nannte am Mittwoch als Motiv „Vergeltung für Ungehorsam und Machtdemonstration gegenüber Dritten“. Zudem sprach es von einer „arbeitsteiligen Tötung“ des Opfers durch den 19- und den 27-Jährigen. Hintergrund sollen Konflikte im Drogenhandel gewesen sein. „Die Tat steht sittlich auf niedrigster Stufe“, sagte der Vorsitzende Richter.

Bei zwei ebenfalls zunächst wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagten 20-Jährigen konnte das Gericht dagegen keine Beteiligung an der Tötung des 15-Jährigen feststellen. Einer der beiden wurde wegen Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und Beihilfe zur Freiheitsberaubung zu zwei Jahren Haft nach Jugendstrafrecht verurteilt. Der andere 20-Jährige wurde wegen versuchter Strafvereitelung schuldig gesprochen. Ihm wurde für ein halbes Jahr ein Betreuungshelfer an die Seite gestellt. Zudem soll er für seine rund siebenmonatige Untersuchungshaft entschädigt werden. Er hatte Grillanzünder zur Spurenbeseitigung gekauft.

Prozess unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen

Der Prozess gegen die drei deutschen und einen türkischen Angeklagten endete nach zwölf Verhandlungstagen. Er stand unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen, da es wiederholt zu Drohungen unter anderem aus dem Publikum gekommen war.

Für das Landgericht stand am Ende fest, dass der 19-Jährige, einer der beiden 20-Jährigen sowie der 27-Jährige in Mülheim einen Handel mit Cannabis unterhalten hatten, in den zunächst auch das spätere Opfer als sogenannter Läufer, also Kleindealer, eingebunden gewesen sei. Während der 19- und der 20-Jährige für das Geschäftliche zuständig gewesen seien, sei die Aufgabe des 27-Jährigen „Sicherheit und Bestrafung“ gewesen.

Als der 15-Jährige um die Jahreswende 2023/2024 das Lager wechselte und für einen anderen Drogendealer zu verkaufen begann, sei es wiederholt zu Konflikten gekommen. So soll der 15-Jährige im Januar gegenüber der Polizei ein Versteck der Angeklagten für Drogen verraten haben. Zudem habe der 15-Jährige bei seinen alten „Arbeitgebern“ noch Schulden gehabt und einen der 20 Jahre alten Angeklagten in einem Amtsgerichtsprozess um Drogengeschäfte im Februar 2024 belastet haben.

Ein Konflikt eskaliert

In der Nacht auf den 10. März eskalierte der Konflikt. Der 15-Jährige und zwei Männer aus einer konkurrierenden Drogenbande trafen auf den 19- und den 27-Jährigen. Als der 15-Jährige plötzlich eine Schreckschusswaffe gezogen habe, habe der 27-Jährige eine Schrotflinte in Anschlag gebracht, so das Gericht. Das Verhalten des 15-Jährigen habe der älteste Angeklagte als „Ungehorsam“ angesehen, wofür er ihn habe bestrafen wollen. Den 19-Jährigen habe er dann angewiesen, sich des 15-Jährigen zu bemächtigen.

Anschließend verschleppten sie den Teenager in den Mülheimer Hafen. Die Entführung gipfelte schließlich in der Tötung des 15-Jährigen mit insgesamt acht wuchtigen Messerstichen. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 19-Jährige auf Anweisung des 27-Jährigen tödlich zugestochen hatte. Anschließend zogen die beiden Täter den Leichnam des 15-Jährigen bis auf die Unterhose aus und ließen ihn zurück.

Nachdem die beiden 20 Jahre alten Angeklagten in einer nahegelegenen Tankstelle Grillanzünder gekauft hatten, wurde die Kleidung des Toten sowie Jacke und Kappe des 27-Jährigen an einem Bahndamm verbrannt, um Spuren zu verwischen.

© dpa-infocom, dpa:241218-930-321409/2

(dpa)