Verwaltungsgericht wird deutlich Hat das Land Geld für Anwaltskosten verpulvert?

DÜSSELDORF · Verwaltungsgericht Düsseldorf findet deutliche Worte gegen Prozessstrategie des Landes.

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„Lasst uns gefälligst in Ruhe arbeiten. Wir haben zu tun. “ So lässt sich der letzte Satz einer gepfefferten Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf lesen, in der sich die Richter das Land NRW, vertreten durch die Bezirksregierung Düsseldorf, vorknöpfen. Oder im Original-Wortlaut: „In der 20. Kammer warten etwa 150 Kläger darauf, dass ihre Klagen zu unterschiedlichen Arten von Coronahilfen in der Sache behandelt werden. Diesen Verfahren möchten die Richter sich nun widmen.“ Dass sie eben von dieser Arbeit durch lästige Verfahrensschritte einer vom Land engagierten Anwaltskanzlei abgehalten werden, beklagen die Richter in deutlichen Worten. In einem Ton, den eine Staatsgewalt gegenüber einer anderen eher selten anschlägt.

Es geht um die zahlreichen Verfahren um Rückzahlung von Coronahilfen. Am Verwaltungsgericht Düsseldorf gibt es etwa 200 Klagen von Menschen, die Corona-Soforthilfen vom Land NRW erhalten hatten und nun zurückzahlen sollen. Die überwiegende Zahl dieser Klagen ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts wegen Besonderheiten in den Fallkonstellationen unzulässig. Sie hätten also keine Aussicht auf Erfolg, machten die Richter den Klägern klar. Was mehr als 100 Kläger denn auch veranlasste, ihre Klagen zurückzunehmen. Obwohl es also in all diesen Fällen gar keinen Streit mehr gab, habe das Land, vertreten durch die Bezirksregierung Düsseldorf, dennoch eine Anwaltskanzlei aus Münster für das Land bestellt, kritisieren die Richter.

Nun ist es normalerweise so, dass ein Kläger, der seine Klage zurückzieht, die Verfahrenskosten bezahlen muss. Und zwar auch die Kosten der Gegenseite. Davon kann ein Gericht aber abweichen, wenn es die andere Streitpartei für (mit-) verantwortlich hält, dass diese Kosten überhaupt entstanden sind. So regelt  § 155 Absatz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung: „Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.“ Das Land hätte vor dem Einschalten von Rechtsanwälten abwarten können, ob es in den unzulässigen Verfahren noch zu einer streitigen Auseinandersetzung kommt, argumentieren die Richter. Stattdessen hätten die Anwälte das Gericht mit Anhörungsrügen überzogen, weil man kein rechtliches Gehör erhalten habe. Und dann seien auch noch Befangenheitsanträge gegen die Richter eingelegt worden. Was erfolglos blieb.

Aber immerhin: Die Anwälte des Landes können sagen, sei hätten mit all diesen Aktivitäten ihre Gebühren verdient. Die Rechnung eben dafür muss nun aber das Land allein tragen. Was vielleicht demnächst ein Fall für den Landesrechnungshof werden kann, der bekanntlich das Ausgabeverhalten öffentlicher Stellen überprüft.

Um wieviel Geld geht es? Norbert Klein, Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Düsseldorf und stellvertretender Pressesprecher des Gerichts, rechnet vor. Bei einem Streitwert von 23.000 Euro, den diese Verfahren haben, betrage eine Anwaltsgebühr, also das, was die Anwaltskanzlei in Rechnung stellen darf,  788 Euro. Bei 100 Fällen summieren sich die vom Land zu tragenden Kosten für die eigenen Anwälte also auf knapp 80.000 Euro.

Eine Bitte der Redaktion um Stellungnahme der Bezirksregierung Düsseldorf blieb unbeantwortet.