Überblick Wie das Coronavirus den Alltag verändert
Düsseldorf · Kitas, Schulen, Kinos, Restaurants, Freizeitparks und Fitness-Studios – fast alles ist geschlossen. Eine Republik erlebt den Ausnahmezustand.
Auf der Straße, in der Familie, am Telefon mit Freunden: Es gibt kein anderes Thema. Schritt für Schritt schließen Läden, Spielplätze, Schwimmbäder und Einrichtungen aller Art. Gearbeitet wird oft zu Hause, nicht im Büro. „Das sind Maßnahmen, die es so in unserem Land noch nicht gegeben hat“ – so drückte es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus.
Was machen Familien mit Kindern?
Für elf Millionen Schüler und 3,7 Millionen Kita-Kinder gilt: Ihre Einrichtungen, in denen sie sich jeden Tag treffen, lernen und lachen, sind zu. Lehrer verschicken Mails mit Aufgaben. Daheim versuchen Eltern, oft neben dem Homeoffice, einen geordneten Alltag aufrecht zu erhalten. Denn auch Sportvereine haben ihren Betrieb eingestellt, Schwimm- und Spaßbäder sind geschlossen. In NRW sind auch Spielplätze bereits geschlossen. Millionenfach müssen sich Eltern überlegen, was jenseits von digitaler Ablenkung möglich ist.
Welche Geschäfte sind noch geöffnet?
Viele Geschäfte der Grundversorgung bleiben offen – dazu zählen neben dem Lebensmitteleinzelhandel unter anderem auch Getränkemärkte, Apotheken, Drogerien, Tankstellen und Banken, aber auch Friseure. Fahrradgeschäfte mit Werkstätten sollen ebenfalls geöffnet bleiben, bei Optikern ist es noch unklar. Fast überall gilt: Deutschlands Einkaufsstraßen haben sich geleert, ein ödes Gefühl kehrt ein und die bange Frage – mit was soll man sich noch rechtzeitig versorgen? Und an den Kassen der Republik lautet die Standardfrage: „Wollen Sie nicht lieber mit Karte zahlen?“
Dürfen Restaurants weiter Kunden bedienen?
Bisher ja. Um 18 Uhr sollen sie allerdings schließen – und es soll Abstandsregeln für Tische geben. Wie lange ist es den Menschen unter den Umständen noch angenehm, essen zu gehen? Auf der anderen Seite: Nur zu Hause sitzen und sich dort versorgen wollen viele auch nicht. Die nächsten Tage werden zeigen, wie die Restaurants mit der Lage zurecht kommen.
Zumal sich die Lage von Tag zu Tag verschärfen kann. In Nordrhein-Westfalen sollen Restaurants schon um 15 Uhr schließen, in Bayern müssen ab Mittwoch auch Biergärten und Außenterrassen von Restaurants um 15 Uhr dichtmachen.
Gibt es überhaupt noch Kultur- und Freizeitangebote?
Ob Bars, Clubs, Diskotheken oder Kneipen, ob Kinos, Freizeitparks, Theater, Opern, Konzerthäuser oder Museen – alles das, was den Menschen jenseits von Arbeit und Ausruhen Spaß macht, was entspannt, was den Horizont erweitert oder schlicht gute Stunden mit anderen ermöglicht, ist geschlossen. Für die Betreiber ein Horrorszenario – für die Besucher ein brutaler Einschnitt. Tausende Künstler könnten ihre berufliche Existenz verlieren, wenn die Verbote Wochen oder gar Monate andauern.
Selbst wenn man es bisher nicht so mit Cocooning hatte, also dem Zurückziehen in die eigenen vier Wände – jetzt ist eigentlich jeder ein Stück weit dazu gezwungen. Viele trösten sich damit, dass es draußen auch schön ist. Sonne und milde Temperaturen sind ideal, um sich an der frischen Luft zu bewegen. Wenn es keine Ausgangssperren gibt, werden die Parks und Stadtwälder, die Rad- und Wanderwege in den nächsten Tagen regen Zulauf erleben. Aber auch dort gilt: Abstand halten!
Wie sieht der Kontakt zu Kollegen im Büro aus?
Da immer mehr Unternehmen auf Homeoffice umstellen, beschränkt sich der Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen für immer mehr Menschen auf Telefon, auf Videoschalten und Chatrooms. Der Küchentisch wird zum Schreibtisch, die Kinder sind auch in der Wohnung, Mutter und Vater teilen sich vielfach die Betreuung, so gut es eben planbar ist.
Wie ist die Situation in den Supermärkten?
Läden in vielen Städten haben gerade deutliche Umsatzsprünge – weil manche etwa bei Nudeln oder Toilettenpapier massenhaft zuschlagen. Kunden seien teils mit kleinen Lastern gekommen, um eigentlich nicht erforderliche Mengen zu kaufen, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), Stefan Genth. Der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, kritisierte, Hamsterkäufe seien jetzt auch „unsolidarisch“, da sie Verunsicherung vergrößerten und in manchen Fällen tatsächlich zu zeitweisen Engpässen in der Verfügbarkeit führen könnten.
Genth betonte, das System der Logistikketten und Zentrallager funktioniere weiterhin. Nötig seien aber einige flexiblere Regelungen – etwa damit Lkw-Lieferungen auch an Sonntagen und abends möglich sind. Er appellierte an die Kunden, den Haupteinkauf nicht nur freitags und samstags zu machen, sondern beispielsweise dienstags oder mittwochs. Das erleichtere auch, Regale aufzufüllen. Sonntagsöffnungen, die die Politik nun möglich machen will, seien vorerst nicht nötig. Auch für Zutrittsbeschränkungen in Läden gebe es keinen Anlass.
Gibt es eine Ansteckungsgefahr beim Einkaufen und durch Lebensmittel?
Es gebe keinen nachgewiesenen Fall, in dem ein Mensch sich über Lebensmittel angesteckt hätte, sagte der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel. Theoretisch sei eine Infektion übers Anfassen von Oberflächen zwar denkbar, aber die Viren seien „nicht besonders stabil“ in der Umwelt. Erhitzen, Seife, Spülmittel oder Alkohol helfen demnach zusätzlich.
Steigen die Lebensmittelpreise?
Nein. Bauernpräsident Joachim Rukwied erläuterte, dass etwa Weizen- und Rapspreise derzeit sogar eher niedrig seien. Christian von Boetticher von der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie (BVE) verwies darauf, dass es zwischen Industrie und Handel in der Regel Jahresverträge gebe. „Erst mal passiert im Preisbereich gar nichts.“ Nur, wenn bestimmte Zutaten längerfristig überall auf den Weltmärkten knapp würden, könne sich das ändern.