Corona Kurz vor der Schließung: WZ besucht die kleinen Läden

Wuppertal · „Das ist die Pleite.“ Selbstständige mit kleinen Läden stehen angesichts der Corona-Krise vor dem drohenden Aus. Kredite seien keine Lösung.

Weinhändler Thomas Kring sagt: „Seit Mitte vergangener Woche ist die Kundenfrequenz um rund 70 Prozent zurückgegangen.“

Foto: Fischer, Andreas

Die Türklingel durchbricht die Stille in Thomas Krings Wein- und Sektladen im Luisenviertel. „Ah, da kommt noch jemand“, sagt der Inhaber. Eine Kundin steht im Laden. „Ich wollte noch etwas hamstern“, sagt sie und zieht mit zwei Kartons Wein ab. Ein seltener Kundenkontakt an diesem Dienstagmittag inmitten der Corona-Krise. Kring sagt: „Seit Mitte vergangener Woche ist die Kundenfrequenz um rund 70 Prozent zurückgegangen.“ Der Selbstständige hat die Nachrichten ständig laufen, er will wissen, ob er dicht machen muss. „Klar, mache ich mir Sorgen“, sagt der Wuppertaler. Er hofft, dass sein Laden auch in den kommenden Tagen geöffnet bleiben darf, weil er „Ware des tägliche Bedarfs“ anbietet.

Klar ist für den Inhaber, der seit 20 Jahren im Viertel Wein verkauft: „Ich kann nicht vier Wochen einfach zumachen. Dafür habe ich keine Rücklagen.“ Einen Plan B hätte er noch, falls er in Kürze sein Ladenlokal schließen muss: einen Wein-Lieferservice.

Im Brautmodengeschäft „Marie Ampur“ von Katja Vassiliadou warten zwei Kinder einer Angestellten auf den Sofas, die normalerweise von Kunden belegt sind. Vassiliadou sagt: „Viele haben ihre Hochzeit verschoben. Das Chaos wird kommen, wenn Ende April die Situation nicht besser ist.“ Sie sagt aus Sicht des Einzelhandels: „Wirtschaftlich ist das eine Katastrophe.“ Kredite vom Staat seien da keine Lösung, das verschiebe das Problem nur: „Kredite müssen zurückgezahlt werden.“ Sie glaubt: Wenn der Staat jetzt nicht auch die kleinen Betriebe massiv unterstützt, „wird das böse Ende noch kommen“. Und die Schließungen würden ja auch noch viele Angestellte hart treffen. „Wir sind die Säulen des Staates.“

In der Änderungsschneiderei von Angelina Bogorats kann sich noch niemand so richtig vorstellen, dass bald die Vordertür für ein paar Wochen zugesperrt wird. Ilia Bogorats zeigt auf die unzähligen Hemden, die unter Plastikschutz im ganzen Laden aufgereiht sind: „Die müssen die Leute ja noch abholen.“ Doch was, wenn die Behörden ihn zum Schließen zwingen? Bogorats begräbt sein Gesicht in den Händen: „Drei Wochen Schließung? Das wäre die Pleite.“ Die Änderungsschneiderei würde im Sommer ihr zehnjähriges Bestehen an der Friedrich-Ebert-Straße feiern.

Im Salon De Beauté von Samra Visnjic hagelt es Absagen. „Da haben auch Kunden abgesagt, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie so ängstlich sind“, sagt Visnjic. Sie konnte sich am Dienstag nicht vorstellen, dass ihr Geschäft schließen muss. „Das normale Leben soll doch weitergehen.“

Wird Lieferservice
zu einer Alternative?

Tina Heydorn, Inhaberin des First Class Secondhand-Ladens, ist da gedanklich schon etwas weiter: „Wir stellen uns auf eine Schließung ein.“ Es sei aus ihrer Sicht auch besser, wenn es endlich einheitliche Regeln gäbe. Wie es weitergehen soll, da berät sie sich momentan mit ihren Kolleginnen. „Noch haben wir keinen Online-Shop. Aber vielleicht ist das eine Überlegung. Oder ein Liefer-Service mit Mundschutz“, sagt Heydorn. Klar ist, dass es sehr schwer werden würde, wenn sie die Mieter weiter für einen geschlossenen Laden tragen müsste. „Ich hoffe, dass mir mein Vermieter da entgegenkommt. Wir müssen schließlich alle zusammen an vernünftigen Lösungsmodell arbeiten“, sagt Heydorn.

Beim Nachbarn Robert Kaschek vom Einrichtungsgeschäft „Jahreszeiten“ ist eben noch frische Ware eingetroffen. Aber kein Kunde mehr. Noch Anfang des Monats hätte er nie gedacht, dass die Entwicklung um das Virus dermaßen Fahrt aufnehmen. Wenn er morgen schließen müsste, würde er auch den Kontakt zum Vermieter suchen. Schließlich könne das ein Selbstständiger nicht einfach so abfedern: „Man lebt vom Tagesgeschäft.“

Einige haben das Tagesgeschäft bereits beendet. Beim Caffe Mocca, der Chi Rösterei und „Herz Gold“ hängen Zettel in den Scheiben. Vorläufige Abschiedsbriefe. Auch das Deli „Schimmerlos“ verkündet: „Ihr Lieben, wir machen zu.“ Am Montag war Eröffnungstag.