Neue Bestattungskultur So reagieren Friedhofsplaner auf die zunehmenden Freiflächen

Leverkusen. · Betreiber wollen Grünflächen ökologisch und pflegearm gestalten.

Urnen- verdrängen Sarggräber auch in Leverkusen.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Im Monat der stillen Feiertage sind Friedhofsbesuche in der Dämmerung besonders stimmungsvoll. Grablichter und frische Blumen schmücken die Ruhestätten und sorgen für eine besinnliche Atmosphäre. Wer genauer hinsieht, bemerkt die zunehmenden dunklen Freiflächen. Die Friedhöfe schrumpfen – gehen dort bald die Lichter aus?

Warum wird es auf
Friedhöfen leerer?

Dass Friedhöfe zunehmend schlechter belegt sind, hat Gründe. Dazu gehört nicht die Demografie, weiß Thomas Bappert. Als Betriebsleiter ist er für die Leverkusener Friedhöfe zuständig. Die Todesfälle in der 160 000-Einwohner-Stadt liegen relativ konstant bei rund 1600 im Jahr, 80 Prozent der Verstorbenen werden auf städtischen Friedhöfen bestattet, der Rest in kirchlichen Ruhestätten oder anderen Bestattungsformen wie Seebestattung. Es sind die sich wandelnden Bestattungswünsche, die auch den Friedhof verändern. „Der Trend zur Urne ist ungebrochen“, sagt Bappert. 70 Prozent entscheiden sich dafür, nur 30 Prozent für die Sargbestattung. Das schafft Platz, denn Urnengräber sind kleiner: In ein Urnenwahlgrab, exakt einen Quadratmeter groß, passen bis zu vier Urnen.

Hinzu kommt: Kinder verlassen häufiger die Stadt ihrer Eltern, immer mehr Menschen sterben einsam oder legen weniger Wert auf repräsentative Grabmäler. Das erhöht die Nachfrage nach pflegefreien Gräbern. Neben Kolumbarien sind vor allem naturnahe Bestattungsorte wie Ruhegärten gefragt, wie sie etwa auf dem Manforter Friedhof angeboten werden. Auch Bestattungsfelder unter Bäumen wie in Reuschenberg werden beliebter. Beides sind gemeinschaftlich genutzte Grabfelder für Urnen, bei denen das einzelne Grab nicht mehr erkennbar ist, aber Namenshinweise auf Platten nicht fehlen.

Was geschieht mit den
vielen freien Flächen?

„Zentralisierung“, nennt Bappert das Vorgehen der Friedhofsplaner. „Wir konzentrieren die Grab­felder in der Nähe der Kapelle und halten die Ränder frei.“ Das freie Grün wird zunehmend ökologisch genutzt. In Manfort, Reuschenberg, Scherfenbrand und in Lützenkirchen nutzen inzwischen Imker die Flächen. Auch Wildblumenwiesen und Insektenhotels gehören zum ökologischen Inventar der Friedhofsgestalter. In Lützenkirchen weiden Schafe. „Das entlastet uns von Kosten“, sagt Bappert. Das freut Gebührenzahler. In Reuschenberg wurde eine große Achse freigehalten, aus der Friedhofsfläche ausgegliedert und ist nun nicht mehr in den gebührenrelevanten Aufwendungen enthalten.

Sollte man städtische
Friedhöfe verkleinern?

Das kommt für Bappert nur als „letzter Schritt“ in Frage. Die Flächenentnahme bei Friedhöfen und Umwandlung etwa in Bauland sei nur durch aufwendige Verwaltungsschritte möglich. „Für Entwidmungen ist die Landesregierung zuständig“, erklärt der Betriebsleiter. Auf lange Sicht sei ein solches Vorgehen denkbar. „Aber das ist Zukunftsmusik und weit weg“, sagt Bappert.

Gehen auf den Friedhöfen bald schon die Lichter aus? Bappert sieht diese Gefahr nicht. Zwar änderten sich Bestattungswünsche und -gewohnheiten, doch eines ändere sich nicht: „Die Menschen brauchen einen Ort der Trauer, deshalb werden Friedhöfe weiter benötigt.“  bu