130 Jahre WZ in Wuppertal 180 Leser schwebten wie der Kaiser
Bei den drei Sonderfahrten der WZ im Kaiserwagen entdeckten viele Wuppertaler ihre Stadt noch einmal ganz neu.
Wuppertal. Der Kaiserwagen ist unverwechselbar. Fast jeder Wuppertaler kann den historischen Schwebebahnwagen der ersten Baureihe aus der Ferne allein schon am Fahrgeräusch erkennen. Das heißt aber noch längst nicht, dass jeder Wuppertaler schon einmal mit dem Kaiserwagen durch das Tal geschwebt ist. Entsprechend groß war die Nachfrage nach den drei Kaiserwagenfahrten, die von den Wuppertaler Stadtwerken und der Westdeutschen Zeitung am Tag der Deutschen Einheit anlässlich des WZ-Geburtstages angeboten wurden.
In historischen Uniformen begrüßten die Schwebebahnfahrer Ralf Zuschlag und Michael Geiger ihre Fahrgäste zu den drei Rundfahrten durch Wuppertal. Der Begriff Rundfahrt ist wörtlich zu nehmen, denn zur Freude der rund 180 Teilnehmer an den Sonderfahrten mussten sie am Berliner Platz nicht aussteigen, sondern durften bei der Fahrt über die Wendeschleife in der Wagenhalle in Oberbarmen auf ihren Plätzen bleiben.
Andreas Boller, stellvertretender Leiter der Wuppertaler WZ-Redaktion, war als Begleiter mit an Bord und übernahm die Rolle des Stadtführers. Da die große Mehrzahl der Fahrgäste aus Wuppertal und dem Umland kam, konnte er bei seinen Anmerkungen über die Stadt, ihre Geschichte und ihre aktuelle Entwicklung einiges an Wissen voraussetzen.
Die Schwebebahn spielte in der Berichterstattung der WZ über die Ereignisse im Tal der Wupper schon immer eine Hauptrolle. Vor 130 Jahren wurde die Westdeutsche Zeitung erstmals im Tal der Wupper in einer Auflage von 40 000 Exemplaren gedruckt. Und gleich in seiner ersten Ausgabe berichtete der Generalanzeiger 1887 über Pläne zum Bau einer Hochbahn. In dem Artikel wurde damals Gerüchten entgegnet, dass Projekt „sei zu Todte getragen worden“. Vom Gegenteil berichtete der Verfasser: Es hätten sich sogar weitere Geldgeber gefunden. Zum Glück war der Bericht keine „Zeitungsente“. Die Schwebebahn entwickelte sich schon bald zum Rückgrat Wuppertals.
Im Alltag bietet sich den Fahrgästen allerdings nicht die Gelegenheit, die gesamte Strecke von West nach Ost an einem Stück und ohne Halt in den Stationen zu schweben. „Meine letzte Fahrt im Kaiserwagen ist schon 30 oder 40 Jahre her“, sagte Bärbel Molkenthin und gestand ein, dass ihre Erinnerungen daran schon etwas verblasst sind.
Die Einladung der WZ bot nun die Gelegenheit, sich ein neues Gesamtbild von der Schwebebahnstrecke zu machen. Fiel der Blick aus der Bahn vor einigen Jahrzehnten noch auf viele dunkle Hinterhöfe und Trümmergrundstücke, so zeigt Wuppertal nun an vielen Stellen ein freundlicheres Gesicht — durch neugestaltete Ufer wie zum Beispiel am Arrenberg oder mit Wegen entlang der Wupper im Umfeld der Junior Uni.
Bei einer Kaiserwagenfahrt durften natürlich einige Anekdoten zum Besuch von Kaiser Wilhelm nicht fehlen. Im Oktober 1900 überboten sich die Großstädte Elberfeld und Barmen im Vorfeld des Besuchs mit einem gigantischen Aufwand an Personal, Geld und Material. Widrige Umstände sorgten allerdings dafür, dass die Huldigung des Monarchen um einige Nummern kleiner als geplant ausfiel. Das mehrtägige Besuchsprogramm wurde auf einen Tag zusammen gestrichen. Die historische, kaiserliche Probefahrt mit der Schwebebahn kam jedoch zustande. Und da der Kaiserwagen den Wechsel auf die neuen Schwebebahn-Modelle überdauern wird, wird der kaiserliche Besuch in Wuppertal nicht in Vergessenheit geraten.
„Die WZ macht tolle Angebote zu ihrem Jubiläum. Ich habe schon die spannende Führung durch die Stadthalle mitgemacht“, berichtete Klaus Heßeler vor der rund 70-minütigen Sonderfahrt. Tanja Dedner hatte ebenfalls mehrere Angebote aus dem Jubiläumsprogramm ins Auge gefasst. „Die Besichtigung des Bayer-Werkes hätte ich ebenfalls gerne mitgemacht, aber als Berufstätige war mir das an einem Werktag leider nicht möglich.“ ab