Bergischer Unternehmertag Die Utopien von einst sind zu Herausforderungen geworden

Wuppertal · Unternehmertag in der Stadthalle mit 350 Gästen zum Thema Digitalisierung.

Prof. Wolfgang Kleinebrink, Jörg Hermann Iseke, Klaus-Peter Starke, Frank Witte, Christian Klauder, Jürgen Schneider,  Marcus Jankowski und Rolf A. Königs (v.l.) beim Bergischen Unternehmertag.

Foto: WZ/Fischer, Andreas H503840

Utopien!? - so lautete das Thema des 15. Bergischen Unternehmertages, zu dem die Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände (VBU) am Donnerstag rund 350 Gäste in der Historischen Stadthalle begrüßen konnte.

Während die Veranstaltung früher alle drei Jahre stattfand, wurde inzwischen ein Zweijahres-Turnus gewählt. Und vielleicht wird es den Unternehmertag bald jährlich geben, denn durch die Digitalisierung, Big Data und Künstliche Intelligenz sowie die damit verbundene technologische Weiterentwicklung nimmt der Wandel an Tempo zu.

Dass auf die Unternehmen und deren Mitarbeiter Herausforderungen zukommen, davon ist Rolf A. Königs, Vorstandsvorsitzender der Bergischen Unternehmerverbände, überzeugt. „Utopien der 1950er und 1960er Jahre von fliegenden Autos sind in Form von Drohnen und Flugtaxis inzwischen Wirklichkeit. Wir stehen nicht am Anfang der Digitalisierung, sondern befinden uns in der Umsetzung, die wir als Evolution und weniger als Revolution verstehen sollten“, sagte Königs.

Auf dem Weg der Umsetzung will die VBU die Unternehmen unterstützen und hat daher zum 15. Unternehmertag diesen Schwerpunkt gesetzt. Frank R. Witte, Geschäftsführer der VBU, wies auf das wachsende Tempo und zugleich auf Hemmnisse in der Entwicklung hin, wie zum Beispiel Lücken beim Ausbau der digitalen Infrastruktur, das Fehlen von Standards sowie ungeklärte Haftungsfragen, zum Beispiel beim autonomen Fahren. Ein weiteres Problem ist die weit verbreitete Skepsis gegenüber Künstlicher Intelligenz (KI), die besonders bei älteren Menschen und Personen mit geringem Bildungsgrad verbreitet ist. Rolf A. Königs forderte eine Verbesserung der digitalen Ausbildung - und das vor allem in den Berufsschulen.

Einem Impulsreferat von Prof. Julian Nida-Rümelin über Aspekte der digitalen Arbeitswelt folgten im Großen Saal der Stadthalle Diskussionsrunden mit lokalen Akteuren. Zunächst diskutierten Andreas Groß, Geschäftsführer der Wuppertaler Berger Gruppe, und Prof. Tobias Meisen von der Bergischen Universität über den Transfer von Zukunftstechnologien - von der Uni ins Unternehmen und der Transformation in umgekehrter Richtung. In einer zweiten Runde sprachen Oliver Zander, Hauptgeschäftsführer Gesamtmetall, und der SPD-Landtagsabgeordnete Dietmar Bell über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitsbedingungen.

Digitale Entwicklung
verläuft sehr unterschiedlich

„Viele Unternehmen müssen Industrie 4.0 zunächst im eigenen Unternehmen umsetzen, bevor es dann in die digitale Vernetzung mit dem Kundenkreis geht“, sagte Marcus Jankowski, Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeber-Verbandes von Remscheid und Umgebung. Der Stand der Entwicklung sei von Unternehmen zu Unternehmen verschieden. „Oft sind die jungen Arbeitnehmer die Treiber der Digitalisierung in den Unternehmen“, sagte Prof. Wolfgang Kleinebrink, Geschäftsführer der VBU.

Bei älteren Beschäftigten ist die Angst, dass Arbeitsplätze wegfallen, größer als bei den jungen Jahrgängen. „Die Arbeitsfelder werden sich wandeln, und die Angst vor der Künstlichen Intelligenz wird schwinden, wenn die Vorteile sichtbarer werden“, sagte Jürgen Schneider, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der VBU (WZ Media GmbH). Das zeige sich vor allem schon im medizinischen Bereich, wo dank der KI durch den Abgleich von Millionen Daten innerhalb von Sekunden Diagnosen möglich seien. „Wer eine Diagnose erhält, möchte diese dann aber mit einem Arzt besprechen“, sagte Jürgen Schneider und wies auf die in vielen Bereichen unverzichtbare menschliche Komponente hin.

Jörg Hermann Iseke, Mitglied des VBU-Vorstandes, äußerte Zweifel, dass man über das Zeitalter der Digitalisierung sprechen könne. Das Thema werde aktuell von der Diskussion über den Klimawandel überlagert. Für die Kalkwerke Oetelshofen gelte beim Abbau das Prinzip: Weniger ist mehr, was untypisch für den Bergbau sei. Für ihn stelle sich die Frage: Wie kann Deutschland eine Industrienation bleiben, wenn die Industrie komplett infrage gestellt wird.