Analyse Wuppertals Stadtgesellschaft wird immer vielfältiger
Wuppertal · Fast 40 Prozent der Einwohner kommen aus Familien mit Migrationsgeschichte. Der Anteil der Menschen mit nicht-deutscher Nationalität ist in den vergangenen Jahren gewachsen.
Wuppertal ist eine Einwanderungsstadt. Und zwar eine, der die Aufnahme von Zuwanderern gut gelingt. Das betont Jürgen Lemmer, Leiter des Ressorts Zuwanderung und Integration. Denn hier arbeiteten verschiedene Institutionen und Ehrenamtler gut zusammen.
74 677 Wuppertaler hatten zum Stichtag 31. Dezember 2019 einen ausländischen Pass, das sind 20 Prozent der Stadtbevölkerung. Die größten Gruppen sind traditionell Türken (10 719), Italiener (6280), Griechen (5696) und Polen (4767), inzwischen aber auch Syrer (9538). Der Anteil der Menschen mit nicht-deutscher Nationalität ist in den letzten zehn Jahren gewachsen. 2009 waren es mit 47 030 Personen, gut 13 Prozent der Einwohner.
47 000 Wuppertaler haben zwei Pässe
Aber auch Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit können aus anderen Ländern stammen oder Eltern oder Großeltern aus anderen Ländern haben. Die Stadt zählt auch solche, dafür liegen Zahlen für den Stichtag 31. Dezember 2018 vor.
Da zählt die Statistik 72 043 Menschen anderer Nationalität, dazu noch einmal 46 759 Wuppertaler mit sowohl der deutschen als auch einer anderen Nationalität. 11 801 Menschen sind Deutsche, haben aber mindestens einen Elternteil, der im Ausland geboren ist. Dann gibt es noch einen etwas kleineren Teil von Menschen, die Deutsche sind, aber selbst im Ausland geboren wurden, also Eingebürgerte sowie Aussiedler und Russlanddeutsche. Davon zählt die Stadt zum Stichtag 3448 Personen. Und 6003 Kinder unter 18 Jahren haben Eltern mit Migrationshintergrund – auf die also die bisher genannten Kriterien zutreffen. Insgesamt gelten alle diese Menschen als Menschen mit Migrationshintergrund: Das sind insgesamt 140 054 – 38,8 Prozent der Einwohner Wuppertals. 2009 lag der Anteil bei 28,8 Prozent.
In den Quartieren entlang der Talachse leben besonders viele Menschen mit Migrationshintergrund, auf den Höhen weniger. Am meisten sind es in den Quartieren Höhe (58 Prozent), Hilgershöhe (58 Prozent), Friedrich-Engels-Allee (59 Prozent), Barmen-Mitte (65 Prozent) und Oberbarmen-Schwarzbach (65 Prozent), besonders wenig in Beyenburg-Mitte (11 Prozent), Herbringhausen (11 Prozent) und Sudberg (11 Prozent).
Jürgen Lemmer hat noch eine besondere Zählweise: Er gewichtet die Zahlen danach, wie lange Menschen mit Migrationshintergrund in der Stadt leben. In den ersten drei Jahren zählt jeder Zuwanderer fünffach, wer länger als acht Jahre in Wuppertal lebt, nur noch 0,25-fach. Auch mit dieser Zählung liegt das Quartier Oberbarmen-Schwarzbach an der Spitze, Beyenburg-Mitte am anderen Ende. „Am Anfang brauchen die Menschen Beratung und Sprachkurse“, so Lemmer. Damit werde aber auch die Basis für eine gute Integration gelegt.
Gute Zusammenarbeit von Fachleuten und Ehrenamtlern
Er erklärt zum Beispiel bedauernd: „Wir haben erst 2005 angefangen mit der Integration.“ Erst seitdem würden zum Beispiel systematisch Sprachkurse angeboten. Andererseits bräuchten Menschen mit Migrationshintergrund keine Dauerbetreuung. Viele kämen schnell gut zurecht.
Vor einem Jahr war Lemmer durch die Bezirksvertretungen gezogen, hatte auf die Quartiere mit hohem Migrationsanteil aufmerksam gemacht. Und dafür plädiert, dort gezielt Hilfe und Kommunikationsmöglichkeiten anzubieten – bevor Probleme entstehen. Seither gebe es rund 60 unterschiedlichste Projekte wie Sprachförderung für Kinder und Erwachsene, Sportangebote, Computerangebote, Urban Gardening, Kreativangebote, Bildungsbegleiterinnen für Grundschulkinder, bei der Sozialarbeiter unter anderem den Eltern das deutsche Schulsystem näherbringen, Familienlotsen, Angebote zur Berufsorientierung, Fortbildungen für Lehrer sowie diverse Feste.
Lemmer lobte vor allem die gute Zusammenarbeit zwischen Behörden, Organisationen und Ehrenamtlern. Er ist überzeugt, dass das Zusammenleben in Wuppertal auch wegen dieser Integrationsarbeit so gut klappt und hier weniger Probleme auftreten als in anderen Städten. Er hoffe sehr, dass das Land solche Maßnahmen weiter über die Integrationspauschale und die Flüchtlingspauschale finanziere.
Ein gutes Beispiel seien die Flüchtlinge. Rund 13 500 seien seit dem 1. Januar 2015 nach Wuppertal gekommen. Hilfeleistungen nehmen nur noch rund 10 000 in Anspruch. Auch das sei zu einem großen Teil der Mitarbeit der Ehrenamtlichen zu verdanken: „Wir brauchen Leute, die Menschen an die Hand nehmen.“