Beschwerde gegen WZ AfD: Die Partei-Mitgliedschaft von Professoren ist nicht privat

Deshalb beschwerte sich ein Gelehrter der Uni Wuppertal und Mitglied der rechtspopulistischen AfD erfolglos über einen Bericht in der Westdeutschen Zeitung.

Beschwerde gegen WZ: AfD: Die Partei-Mitgliedschaft von Professoren ist nicht privat
Foto: Fischer, A. (f22)

Wuppertal. Der Gelehrte der Wuppertaler Universität hat gegen die Redaktion der Westdeutschen Zeitung ganz schwere Geschütze aufgefahren. Er beschwerte sich beim Deutschen Presserat über den Bericht vom 3. Mai dieses Jahres, in dem er als Mitglied der selbst ernannten Alternative für Deutschland (AfD) öffentlich gemacht wurde. Der Presserat ist außerhalb der Justiz das oberste Kontrollgremium für die Arbeit von Journalisten. Er wacht unerbittlich über die Einhaltung der publizistischen Grundsätze. Diese wiederum fußen auf dem Grundgesetz. Wer sich von Journalisten ungerecht oder schlecht behandelt fühlt, wer an der fachlichen Qualität von Artikeln zweifelt, der wendet sich an den Presserat.

Das hat der Physikprofessor der Uni Wuppertal auch getan. Er fühlte sich verunglimpft durch den Beitrag der WZ, die ihn in den Zusammenhang mit der AfD brachte. Auf deren Parteitag hatte es ein Datenleck gegeben, die E-Mail-Adressen einiger Mitglieder wurden öffentlich. Unter anderem auch die des besagten Professors. Er hatte sich obendrein von seinem Dienstcomputer aus zum Parteitag angemeldet, was dem Rektorat nicht sonderlich gefiel. Privatangelegenheiten haben in digitaler Post mit Uni-Mail-Adressen im Absender nichts zu suchen.

Diesen berechenbaren Hinweis nahm der Physiker noch zur Kenntnis, den Rest des Beitrags nicht. Er fühlte sich verunglimpft, fürchtete personelle Konsequenzen und empfand den Kommentar zum Artikel als herabwürdigend, was der Presserat widerlegte.

Der Artikel, sagt der Professor, sei nicht ordentlich recherchiert gewesen. Auch das sieht der Presserat anders. Der redaktionelle Beitrag sei sorgfältig erarbeitet worden und habe auch dem Grundsatz vom „Schutz der Ehre“ entsprochen.

Außerdem gestattet der Presserat es Journalisten ausdrücklich auch, sich, wie in diesem Falle, auf anonyme Quellen zu berufen. „Soweit die daraus für die Berichterstattung entnommenen Informationen zutreffen. . ., verstößt die Verwendung von Informationen anonymer Quellen nicht gegen die journalistische Sorgfaltspflicht. Dieser Sorgfaltspflicht entsprechend hat die Redaktion Sie auch — erfolglos — um eine Stellungnahme zu den Vorwürfen ersucht“, heißt es in einem Antwortschreiben, das sowohl dem Beschwerdeführer als auch der Redaktion zugegangen ist.

Noch wichtiger für die Berichterstattung in solchen Fällen ist die Einschätzung des Presserates, was Ziffer 8 des Pressekodex angeht. Sie besagt, dass die Presse das Privatleben und die informelle Selbstbestimmung des Menschen zu achten habe. Darauf hatte der Professor sich berufen im Glauben, die Mitgliedschaft in einer rechtspopulistischen Partei sei eine rein private Angelegenheit.

Das ist sie nach Meinung des Presserates nicht. Bei einer identifizierenden Berichterstattung muss das Informationsinteresse der Öffentlichkeit die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen überwiegen. „Die Tatsache der Mitgliedschaft in der AfD betrifft Ihre Sozialsphäre“, heißt es vom Presserat. Sie sei in geringerer Weise geschützt als die Privatsphäre und die Intimsphäre. „Zudem besteht an dem Verhalten von hervorgehobenen Amtsträgern wie einem Professor an einer öffentlichen Universität ein erhöhtes öffentliches Informationsinteresse.“

Genau aus diesem Grund hat die Westdeutsche Zeitung über die Mitgliedschaft des Professors in der AfD berichtet. Die Redaktion der WZ sieht es auch als ihre Aufgabe an, zu beschreiben, wer in Bildungseinrichtungen auf Studenten und Schüler einwirkt. Die Redaktion wird deshalb auch in Zukunft darüber berichten, wenn ein Gelehrter oder ein Lehrer einer populistischen Partei angehört, sei es nun die AfD oder auch die Linke.

Den Namen des Professors nennen wir an dieser Stelle nicht wieder. Er tut für den Fall nichts mehr zur Sache. Bemerkenswert bleibt allerdings, dass ein Physiker Mitglied einer Partei ist, die in ihrem Grundsatzprogramm beschlossen hat, dass es menschliche Einflüsse auf den Klimawandel nicht gibt und Kohlendioxid kein Schadstoff ist.