Angekommen im neuen Land: Herr Abidi wird Wuppertaler
Taoufik Abidi lebt seit dem 24. Januar in Wuppertal. Fast zwei Jahre führte der Tunesier mit seiner Ehefrau Britta eine Fernbeziehung.
Wuppertal. Bei Britta und Taoufik Abidi kehrt langsam der Alltag ein. Was bei anderen Paaren oft mit einem faden Beigeschmack geschieht, ist für die beiden die Erfüllung ihres größten Traums. Mehr als zwei Jahre Fernbeziehung liegen hinter den Abidis, die sich im September 2011 in Tunesien das Ja-Wort gaben. Seit einem Monat lebt Taoufik in Wuppertal. Er hat sein Heimatland Tunesien, seine Familie und seinen sicheren Job im Innenministerium zurückgelassen — für die Liebe.
„Als ich meine Mutter am Flughafen in Tunis verabschiedet habe und sie weinte, war ich schon traurig“, gesteht Taoufik. Aber der Empfang in Deutschland sei derart liebevoll gewesen, dass er sich sofort wohlgefühlt habe. In den ersten Tagen folgte dann doch ein Schock — ein Kälteschock. „Ich guckte aus dem Fenster und sah blauen Himmel. Da bin ich nur im Hemd rausgegangen.“ Bei Minusgraden keine gute Idee. So folgte der erste Einkauf in der neuen Heimat: Mütze und Handschuhe — eine Premiere für Taoufik.
Busfahren ist für ihn zwar nicht neu, aber dennoch ganz anders als in seiner Heimat: Der Bus kommt pünktlich. „In Tunesien ist eine Stunde Wartezeit an der Tagesordnung.“ Mittlerweile hat er sich daran gewöhnt, auf die Minute genau an der Haltestelle zu stehen. Täglich fährt er zur Volkshochschule nach Solingen und büffelt in einem Integrationskurs Deutsch. Das fleißige Lernen zeigt erste Wirkung. Auch wenn der Tunesier selbst zwischendurch immer wieder ins Englische wechselt, versteht er die meisten Sätze seiner deutschen Gesprächspartner: „Nur bitte langsam sprechen und einfache Worte benutzen.“
Karnevalslieder kamen da als Übung gerade recht. „Viva Colonia“ ist Taoufik von seinem Besuch in Köln besonders in Erinnerung geblieben. Erst fand er die Idee, sich zu verkleiden, seltsam — doch spätestens in Gesellschaft von Piraten und Matrosen fühlte er sich in seinem Mexikaner-Outfit wohl. Vor allem mit Britta an seiner Seite. „Es ist ein tolles Gefühl, endlich sowas gemeinsam erleben zu können, ohne im Hinterkopf zu haben, dass man sich bald wieder verabschieden muss“, sagt Britta Abidi.
Heimweh hat Taoufik nicht. „Ich fühle mich in Wuppertal schon Zuhause.“ Und wie ein echter Wuppertaler liebt er die Schwebebahn, auch wenn ihm die Konstruktion bei der ersten Fahrt nicht ganz geheuer war. Gerne würde er seiner Familie das Bauwerk zeigen, aber ein Deutschlandbesuch steht in nächster Zeit nicht an. Internetkamera und Telefon müssen reichen. „Wir haben aber jeden Tag Kontakt“, sagt der 29-Jährige.
Als Britta ihren Eltern das erste Mal von der Beziehung zu dem Tunesier erzählte, waren die Kirchmanns aufgrund der verschiedenen Kulturen zunächst skeptisch. Was Taoufik durchaus verstehen kann: „Wir haben eben keine alltägliche Liebesgeschichte. Und es gibt auch andere, negative Beispiele.“ Schon bei der ersten Begegnung waren aber alle Vorbehalte restlos verflogen. „Er ist so herzlich“, schwärmt Brittas Mutter Marianne Kirchmann.
Zu seinem Glück in Deutschland fehlt Taoufik Abidi nur noch der passende Job. Der Informatiker hat die ersten Bewerbungen bereits rausgeschickt. Nun hofft er, dass bald auch der Arbeitsalltag in sein neues Wuppertaler Leben zurückkehrt.