Auszeichnung Aptiv stattet rollende Computer aus
Von dem in der Automobilbranche anstehenden grundstürzenden Wandel im Zeichen der Dekarbonisierung muss sich der Automobilzulieferer Aptiv offenbar nur wenig fürchten.
„Es ist völlig egal, womit das Auto in Zukunft betrieben wird. Die Technik, die wir liefern, ist unabhängig von den Antriebsmöglichkeiten“, sagt Geschäftsführer Matthias Laumann. Wichtiger als die Wahl zwischen Verbrenner, Hybrid oder E-Auto sei für die Kunden vielmehr die Frage, mit welcher Software der rollende Untersatz ausgestattet sei. Viele Autohersteller hätten dies mittlerweile erkannt und suchten nach entsprechenden Lösungen und Anwendungen.
In der Zentrale der Aptiv Services Deutschland GmbH in Wuppertal sieht man sich in dieser Frage gut aufgestellt, wächst der Anteil der Elektronik in den Fahrzeugen doch kontinuierlich, sind immer wieder Lösungen für die technischen Herausforderungen gefragt, werden die Automobile immer mehr zu rollenden Computern. Fast 70 Prozent der Mitarbeiter bei Aptiv Wuppertal sind mittlerweile System- und Software-Ingenieure. Neben der Entwicklung immer ausgefeilterer Fahrassistenzsysteme – an deren Ende das autonome Fahren steht – setzt das mit dem Wuppertaler Wirtschaftspreis 2021 ausgezeichnete Unternehmen auch einen Schwerpunkt auf den Bereich „Signal and Power Solutions“, jenem Arbeitsfeld, in dem Kabelsätze und Steckverbinder für die Fahrzeuge der aktuellen und kommenden Generationen entwickelt und zur Marktreife gebracht werden. Mit Stolz blickt Laumann da unter anderem auf die Entwicklung eines Ladekabels, das in den kommenden Jahren in gut der Hälfte aller E-Fahrzeuge zu finden sein dürfte – und das auch den Firmennamen sichtbar auf sich trägt.
Die Herstellung von Kabelsätzen, Elektronik und Steckverbindungen sei auch heute noch das Kerngeschäft, jener Geschäftsbereich, der von den früheren Kabelwerken Reinshagen übernommen wurde und „das Brot- und Buttergeschäft“ ausmacht, sagt Laumann. Derzeit arbeiten am Wuppertaler Standort rund 900 Menschen. Laumann freut es, dass dort „alle Fachbereiche unter einem Dach“ zu finden sind und der weltweit operierende Aptiv-Konzern dem Standort eine solche Wertschätzung zukommen lässt. Zudem sei der Standort international ausgerichtet, vereine „über 50 Nationen“ und sei stark vernetzt mit den Hochschulen in der Region, berichtet der Geschäftsführer.
So sehr Aptiv bei der Entwicklung autonom fahrender Fahrzeuge (das sogenannte Level 5 bei den Fahrassistenzsystemen) auch an der Spitze der technischen Entwicklung steht, so wenig ist das Unternehmen aktuell in der Lage, einen Durchbruch in naher Zukunft vermelden zu können. Die Etablierung sei dabei nicht nur eine technische Frage, sondern erfordere auch regulatorisch-juristische Vorgaben und die Bereitstellung einer entsprechenden Infrastruktur (5G-Netz). Derzeit beschränke sich der Einsatz von autonom fahrenden Autos in Wuppertal deshalb noch auf Prototypen.
Damit das nicht so bleibt, hat Aptiv mit der Hyundai Motor Group ein Joint Venture für autonomes Fahren gegründet. Ziel ist es, eine Technologie-Plattform für Anbieter von Robotaxis, Flottenbetreibern und Automobilherstellern zu entwickeln und bereitzustellen. Bereits im Einsatz ist zudem eine Flotte von autonom fahrenden Robotaxis, die in Kooperation mit dem Fahrdienstvermittler Lyft in Las Vegas (USA) unterwegs ist.
Die Corona-Pandemie und ihre Folgen habe Aptiv im Übrigen gut gemeistert, berichtet Laumann. Man habe viele Arbeiten ins Homeoffice verlegen können und auch bei den Entwicklungsprojekten keine Abstriche machen müssen. „Wir sind sehr gut durch die Krise gesegelt.“ So lagen die Umsätze am Ende des Corona-Jahres 2020 über jenen des Vorjahreszeitraumes.
Liefer-Engpässe setzen
dem Automobilhersteller zu
Einen Wermutstropfen gibt es gleichwohl. Die aktuellen Engpässe bei Halbleitern und Rohstoffen setzen derzeit auch Aptiv zu. Die Folgen: Die Automobilhersteller drosselten die Nachfrage, weil sie nicht mehr so viele Fahrzeuge wie bislang produzieren können. Auch Aptiv hat viele andere Unternehmen Probleme, die benötigten Materialien zu bekommen, muss höhere Preise und Frachtkosten einrechnen. Überdies seien einige Zulieferer von Aptiv von dem Hochwasser von Mitte Juli betroffen und müssten ihre Lieferung reduzieren oder sogar komplett einstellen.