Auf dem Rad über die Höhen

Winterspeck und Frühjahrsmüdigkeit sind bei ihnen chancenlos. Die ADFC-Gruppe Mountain-Biker fährt bei jedem Wetter.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal. Jeden Donnerstagabend trifft sich eine Gruppe Mountain-Biker am Berliner Platz. Auch im Winter, bei Schnee oder Regen, völlig egal. Karl-Heinz Degenkolb vom ADFC bringt dann für alle eine Überraschung mit: die Route für die kommenden zwei bis drei Stunden. „Nichts wildes“, verspricht er, „wir sind alle keine Profis.“ Eine Aussage, die sich relativiert, wenn man weiß, dass Degenkolb im Jahr 16 000 Kilometer im Sattel verbringt.

Die ersten 20 Minuten geht es über Asphalt an alten Hinterhöfen und Industriebrachen vorbei. Arbeiterromantik statt Waldesruh. Nichts, wohin Touristen sich verirren würden. Sightseeing mit dem ADFC. „Beim Biken lerne ich immer wieder Ecken meiner Heimatstadt kennen, die ich vorher noch nie gesehen habe“, staunt Jürgen Kuchenhäuser.

Es geht jetzt in den Wald, das letzte Abendlicht verabschiedet sich gerade. Kurz darauf ist die gemeinsame Tour für Martin Niemaier auch schon beendet. Was für die anderen die Feierabendrunde ist, ist für ihn Frühsport. Er verabschiedet sich und biegt ab über die Murmelbachbrücke. Die Nachtschicht ruft.

Am Scharpenacken geht es kaum noch voran, der aufgeweichte Boden ist rutschig wie Schmierseife.

Auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz geht es über die aufgebrochene Panzerstraße. Fahrfehler werden ab jetzt bestraft. Entweder es tut weh, oder es wird nass — die großen, rutschigen Felsblocken, die aus dem Dunkel auftauchen, liegen direkt neben vollgelaufenen Senken.

Durch einen völlig düsteren Hohlweg im Marscheider Wald geht es steil bergab. „Erst kommt die Angst und dann das Glücksgefühl“, sagt ein Teilnehmer hinterher und grinst. „Fahrrad-Hooligans“ sucht man in der ADFC-Gruppe vergeblich. Man bleibt auf den Wegen, nimmt Rücksicht auf andere Waldnutzer. Statt die Konfrontation suchen sie lieber „trails“, auf denen man „surfen“ kann. Nicht Biker würden jetzt vom auf und ab auf handtuchschmalen Wegen sprechen.

Den steilsten Anstieg hat sich Degenkolb für den Schluss aufgespart — er will unbedingt noch auf den Ehrenberg. „Karl-Heinz findet immer noch einen Gipfel, über den man fahren kann“, sagt einer aus der Gruppe sarkastisch. Die Oberschenkel brennen, das Atmen tut weh. Viele würden jetzt lieber kapitulieren. Der Gedanke an eine heiße Dusche setzt letzte Kräfte frei.

Degenkolb fährt jede Tour zuerst alleine ab, bevor er sie mit der Gruppe unter die Räder nimmt. Manchmal muss er am Rechner nachjustieren, bevor alles stimmt. Geld bekommt er dafür nicht. „Alleine fahren macht doch keinen Spaß“, sagt er.