Das nächtliche Glockenläuten an der Kohlenstraße in Wuppertal-Langerfeld hat in der vergangenen Woche viele Menschen beschäftigt. Noch immer versuchen die Mitglieder des Christlichen Friedhofsverbands Wuppertal mithilfe von Fachleuten nach der Ursache, warum die Glocken bereits zweimal mitten in der Nacht ertönten und die Anwohner aus dem Schlaf rissen. Die Gründe dafür sind weiter unklar.
Kapelle mit Glockenturm
wurde 1888 eingeweiht
Stephanie Trapp, Öffentlichkeitsreferentin des Friedhofsverbands, gewährte der WZ nun Einblick in die Friedhofskapelle an der Kohlenstraße und deren Geschichte. Bereits 1888 wurde eine kleine Kapelle mit Glockenturm auf dem Friedhof eingeweiht, der im Jahre 1885 angelegt wurde. Da die Glocken jedoch nie in Gebrauch waren, wurden sie abmontiert und der Gemeinde Bracken/Nächstebreck zur Verfügung gestellt.
Die Kapelle wurde zum Ende des Zweiten Weltkriegs, im März 1945, bei einem Bombenangriff zerstört und das jetzige Gebäude wegen fehlender finanzieller Mittel erst 1957 erbaut. Eingeweiht wurde die aktuelle Friedhofskapelle dann im Jahr 1958. Die Glocken werden dort heute ausschließlich im Rahmen von Trauerfeiern geläutet. Sie sind an einen Stromkreis angeschlossen und werden bei Bedarf von dem zuständigen Kapellenwart in Bewegung gebracht, der den Schalter im Inneren der Kapelle betätigt.
Zunächst wurde der Strom nun vorsichtshalber komplett abgeschaltet und nur für den Zeitraum einer Trauerfeier aktiviert, um ein erneutes, unkontrolliertes Läuten möglichst zu vermeiden. Die Glockenanlage ist außerdem über ein Funksystem zu erreichen. So kann sie über eine Fernbedienung auch vom Friedhof aus direkt ein- und ausgeschaltet werden. Aktuell wurde dieses Funksystem durch einen Monteur deaktiviert, so dass von außen keine fremden Signale mehr empfangen werden können.
Auch hier könne der technische Defekt zu finden sein, meint ein Mitarbeiter der Firma HWE aus Herford, die unter anderem für Kirchturmtechnik und Glockenanlagen zuständig ist und sich dem Problem an der Kohlenstraße angenommen hat. „Es gibt zum Beispiel auch private Funker, die sich theoretisch in das Funksystem einhacken könnten, auch wenn es natürlich verschlüsselt ist.“ Ob Absicht oder ein Versehen dahinterstecke, könne er nicht sagen – die Funkanlage sei aber erst einmal abgestellt. Wenn das Problem wieder auftrete, müsse man sich weiter auf die Suche machen.
Glockenläuten ist für
viele auch heute noch wichtig
Das übermäßig große Interesse an der Aufklärung der nächtlichen Ruhestörung habe die Mitglieder des Friedhofsverbandes anfangs verwundert. „Natürlich haben besonders die Anwohner Interesse gezeigt, aber auch über die Stadtgrenzen Wuppertals hinaus wollen viele wissen, was passiert ist“, sagt Stephanie Trapp. Es hätten vielleicht manche das Bedürfnis, sich in der aktuell aufreibenden Weltlage mit etwas Leichtem zu beschäftigen.
Die Glockenklänge, die gerade für so viel Aufruhr sorgen, hätten ja auch eigentlich eine sehr traditionsreiche und tröstende Funktion. Auch wenn in der heutigen Zeit die Säkularisierung immer weiter voranschreite, sei das Glockenläuten für viele Menschen nach wie vor eine wichtige Tradition, auf die sie nicht verzichten möchten. „Manche besuchen vielleicht keine Gottesdienste mehr, aber legen bei ihrer Hochzeit oder einer Trauerfeier doch wert auf den kirchlichen Rahmen, zu dem das Läuten der Glocken einfach dazugehört.“
Auch Helmut Schwaiger, Küster in der Beckacker Kirche in Langerfeld, meint: „Gerade für Menschen, die regelmäßig Gottesdienste besuchen, sind die Glockenklänge schon wichtig. Ich denke, das betrifft aber vor allem die Menschen im Alter über 60.“ Immerhin würden jeden Samstag noch regelmäßig um 19 Uhr die Glocken in Langerfeld geläutet, um die Kirchenbesucher an den Gottesdienst am nächsten Morgen zu erinnern. Den Andachten und Trauungen werde durch den Glockenklang ebenfalls eine Struktur gegeben.