Ausschlag am Arbeitsplatz: Wenn der Job die Haut krank macht
Berufsbedingte Hautkrankheiten sind wenig bekannt. Zu den Patienten gehören Friseure, Bauarbeiter und Gärtner. Ein Betroffener erzählt von seinem Alltag.
Wuppertal. Rainer N. trägt immer Handschuhe, wenn er das Haus verlässt. Egal, ob Minustemperaturen herrschen, oder die Sonne bei 30 Grad scheint. Der 54-Jährige hat Ekzeme an verschiedenen Körperstellen — besonders schlimm ist der Ausschlag an seinen Händen. Ursache für die chronische Hauterkrankung ist sein Beruf. Rainer N. arbeitet seit mehr als 30 Jahren in der Metallverarbeitung. Lange war ihm aber nicht klar, dass ihn sein Job krank macht.
Viele Betroffene von „berufsbedingten Hautkrankheiten“ ziehen die Verbindung zum Arbeitsplatz erst spät oder gar nicht. Das Zentrum für Dermatologie des Helios Klinikums hilft bei der Diagnostik. „Jede Woche habe ich Patienten, die arbeitsbedingt Hautprobleme haben“, sagt Professor Percy Lehmann, der sich auf das Gebiet spezialisiert hat. Einige Berufsgruppen sind besonders gefährdet: Friseure, die aggressive Färbemittel verwenden, Gärtner, die mit Dünger arbeiten, oder Krankenschwestern, die Latexhandschuhe tragen und Desinfektionsmittel benutzen.
„Erst vor kurzem war ein Schweißer bei mir. Auf einer Gesichtshälfte hatte er drei Hauttumore. Genau auf der Seite, die nicht von dem Schutzhelm bedeckt ist“, erzählt der Professor. Was nur wenige wissen: Auch das Schweißgerät sendet UV-Strahlen aus. Hautkrebs wird erst seit rund zwei Jahren als Berufserkrankung anerkannt.
Oft müssen Betroffene dennoch lange kämpfen, bis Arbeitgeber oder Berufsgenossenschaften ihren Fall anerkennen. Selbst Hautärzte übersehen die Möglichkeit, dass Mittel am Arbeitsplatz Auslöser für Allergien und Ausschläge sein können. Ein Problem, das Rainer N. nur allzu gut kennt. Bei ihm dauerte es zehn Jahre, bis ein Arzt erkannte, dass seine Haut durch Stoffe, die bei der Metallverarbeitung zur Kühlung eingesetzt werden, gereizt wird. Im Anschluss folgte eine Medikamenten-Odyssee. „Ich bekam Salben, Cortison, Ibuprofen — nichts half.“ Seine Hände waren zwischenzeitlich eine einzige offene Wunde. Er schämte sich, ging nur noch ungern vor die Tür. „Ein normaler Einkauf war Horror für mich. Die Kassiererin legte mir das Restgeld in die Hand und zuckte erschrocken zurück.“ Auch Handschuhe nutzten nur bedingt gegen die Blicke. „Sie waren irgendwann durchnässt.“ Teilweise waren seine Finger derart geschwollen, dass er einen Hosenknopf nicht ohne Hilfe schließen konnte.
Immer, wenn sich die Ekzeme etwas besserten und er zur Arbeit ging, gab es nach ein paar Stunden eine erneute Verschlechterung. Jeder Kontakt mit den Stoffen ist Gift für ihn. „Da reichte es schon, wenn Partikel in der Luft waren.“
Endlich ist ein kleines Licht am Ende des Tunnels zu erkennen: Seine Hände sind noch gerötet und geschwollen, aber die offenen Stellen sind zumindest dünn zugewachsen. „Das verdanke ich unter anderem Prof. Lehmann.“ Er nimmt jetzt ein Medikament ein, das erste Wirkungen zeigt. Eine große Hilfe war ihm aber auch die Selbsthilfegemeinschaft Haut, die mit dem Helios-Klinikum kooperiert. Bei Christine Schüller, die den Verein ehrenamtlich leitet, bekam Rainer N. nicht nur Tipps zur begleitenden Behandlung oder Antworten auf Rechtsfragen: „Ich kann einfach mal mit jemandem reden.“ Betroffene tauschen sich bei regelmäßigen Treffen aus und stoßen auf Verständnis, das Kollegen und Familie manchmal nicht aufbringen. „Man ist sehr alleine mit seiner Krankheit. Keiner meiner Freunde hat beispielsweise mal angeboten, meinen Sohn zur Schule zu fahren“, erzählt der 54-Jährige.
Dass er weiterhin seinen alten Beruf ausüben kann, hofft er, obwohl die Schädigung seiner Haut sehr groß ist: „Ich will arbeiten.“