Bergische Universität Die Kunst überwindet Grenzen

Studentin organisierte Kunst-Workshops für Flüchtlinge. Arbeiten wurden im neuen Lern- und Begegnungszentrum präsentiert.

Lara Wahrmann vor ihrer Weltkugel zum Thema Wegwerfgesellschaft.

Lara Wahrmann vor ihrer Weltkugel zum Thema Wegwerfgesellschaft.

Foto: Fischer, Andreas (f22)

Mitunter kann die Kunst für das Verständnis von geflüchteten Menschen und deren Leben mehr leisten als die besten politischen Analysen. Zudem kann die künstlerische Ausdrucksform für die Neuankömmlinge ein Weg sein, mit den Erlebnissen in der Heimat, auf der Flucht oder am neuen Aufenthaltsort fertig zu werden. Überlegungen dieser Art standen Pate bei einem Projekt, das in den vergangenen Monaten von der Studentin Marie Nehles im Rahmen ihrer Masterarbeit für den Fachbereich Public Interest Design (PID) betreut wurde. Unterstützt vom städtischen Ressort für Zuwanderung und Integration organisierte sie im Sommer Workshops, in denen junge Flüchtlinge gemeinsam mit „einheimischen“ Künstlern künstlerische Arbeiten erstellen konnten.

Die Workshops fanden während der Sommerferien statt, etwa zehn Künstler und Kunstinteressierte konnten sich in verschiedenen Kunsttechniken versuchen. Die Arbeiten wurden am vergangenen Wochenende im Rahmen einer kleinen Ausstellung erstmals gezeigt, mit der das Lern- und Begegnungszentrum in der Hufschmiedstraße auf dem Ölberg eröffnet wurde. In dem Projekt und der für einige Tage präsentierten Ausstellung gehe es darum, „sich vom Status des Begriffs ‚Flüchtling‘ zu befreien“, sagte Nehles zur Eröffnung der Schau.

Kunst sei eine „nonverbale Ausdrucksform“ und schaffe ein „Seelenfenster“ zum gegenseitigen Verstehen. Die künstlerische Ausdrucksform sei „barrierefrei“ und baue Brücken über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg, erklärte die Studentin. Das habe sie erkannt, als sie städtische Mitarbeiter bei einer sogenannten Bedarfsabfrage in ein Berufskolleg begleitet hatte, erzählte Nehles.

Dabei ging es darum, in Absprache mit den Schülern der internationalen Förderklassen festzustellen, was sich die Flüchtlinge für das neue Lern- und Begegnungszentrum wünschten. Dort kam die Studentin ins Gespräch mit einem arabischen Mädchen, das ihr auf dem Smartphone Bilder zeigte, die sie noch in ihrer Heimat gemalt und dann fotografiert hatte. Diese Begegnung war die Initialzündung für das Projekt gewesen.

In neun Workshops hatten junge Flüchtlinge über sechs Wochen die Möglichkeit, sich künstlerisch zu erproben. Einer davon ist der 24-jährige Siawash Hashemi aus dem Iran. In seiner Heimat hat er zwar Elektrotechnik studiert, sich nebenher aber auch als Künstler betätigt. Groß geworden ist er in der Region Teheran: „Da habe ich auch Graffiti gemacht“, berichtete er bei der Eröffnung.

Neben den Zugewanderten konnten sich in dem Projekt aber auch Künstler oder Kunstinteressierte mit „heimischem Hintergrund“ verwirklichen. Eine davon war die Masterstudentin Lara Wahrmann, die an der Bergischen Uni Nachhaltigkeitsmanagement studiert. Sie hat eine überdimensionale Weltkugel im Hof des Lern- und Begegnungszentrums aufgebaut. Das Werk trägt den Namen „15 Minuten“ und soll darauf aufmerksam machen, wie lange ein To-Go-Kaffeebecher in der Regel genutzt wird, bevor er in die Mülltonne wandert.

Das Werk soll deutlich machen, dass in Deutschland allein in einem Jahr soviel Wegwerf-Kaffebecher entsorgt werden, dass man sie siebenmal um die Erde spannen könnte, erzählte Wahrmann. Es sei toll, dass sie die Möglichkeit bekommen habe, sich in dem Projekt zu verwirklichen, so die Studentin. Sie verstehe sich nicht primär als Künstlerin, habe aber schon immer „unglaublich gerne“ gewerkelt. Das Projekt habe ihr nun die Möglichkeit gegeben, ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Ökobilanz von Kaffeebechern auf eine künstlerische Ebene zu transportieren.

Etwa sechs Flüchtlinge hätten ihr bei der Arbeit geholfen, berichtete Wahrmann. Nun hofft die 28-Jährige, dass ihr Werk auch nach dem Ende der Ausstellung einen Platz für eine dauerhafte Präsentation im öffentlichen Raum erhält. „Die Arbeit kann draußen stehen“, betonte sie mit Blick auf das solide Holz, das verarbeitet wurde. Mehrere Interessenten hätten sich bereits bei ihr gemeldet.