Wirtschaft Bergische Unternehmen sehen ersten Silberstreif am Horizont

Wuppertal · Die Konjunkturumfrage der IHK zeigt ein heterogenes, aber insgesamt leicht aufgehelltes Bild.

Die Maschinenbauer werden erst später von einem möglichen Aufschwung profitieren, da diese Branche lange Lieferzeiten hat und derzeit noch Aufträge von vor Beginn der Krise abarbeitet.

Foto: dpa/Jan Woitas

Die Unternehmen im Bergischen Städtedreieck sehen in der Krise einen ersten Silberstreif am Horizont. Das ist das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage der Bergischen IHK. „Tendenziell verbessert sich die Lage der Bergischen Wirtschaft“, fasst IHK-Präsident Thomas Meyer die Ergebnisse zusammen. Und auch Uwe Mensch, für Wirtschaftspolitik zuständiger Geschäftsführer der IHK, sagt: „Der Tiefpunkt ist vermutlich überall erreicht.“

In Zahlen ausgedrückt stellt sich das so da: Von den 431 Firmen, die befragt wurden, schätzen derzeit 17 Prozent ihre Geschäftslage als „gut“ ein, 40 Prozent nennen sie „befriedigend“ und 43 Prozent „schlecht“. Damit liegt der Geschäftslagenindex, der sich aus der Differenz zwischen „gut“ und „schlecht“ ergibt, bei -26. Das ist besser als bei der vorausgegangenen Umfrage im zweiten Quartal (-35). Aber im Vergleich zu den Werten vor Corona, die alle deutlich im positiven Bereich lagen, immer noch katastrophal.

Vor allem in Solingen verbessert sich das Stimmungsbild

Getrieben wird dieser kleine Aufschwung innerhalb des Städtedreiecks vor allem von den Solinger Betrieben. Während der jeweilige Indexwert in Remscheid und Wuppertal nahezu unverändert blieb, verbesserte er sich in Solingen von -44 auf nur noch -10. Die Klingenstadt steckte in der Wahrnehmung ihrer Unternehmer also tiefer in der Krise als ihre beiden Nachbarstädte, kommt nun aber auch besser wieder heraus. Wohl auch, weil die Solinger Industrie eher vom privaten Konsum abhängig sei, vermutet IHK-Präsident Meyer. So sei man dort im Frühjahr eher von Corona getroffen worden, erhole sich nun aber auch früher: „Da geht es eher wieder los.“

Doch all das seien nur Durchschnittswerte, betont Meyer. Die tatsächliche Lage in der heimischen Wirtschaft sei „sehr komplex“ und eher heterogen. So gebe es je nach Branche ganz unterschiedliche Auswirkungen der Pandemie. Während beispielsweise im Verkehrssektor der ÖPNV und der Lieferverkehr noch einigermaßen normal weiterlaufe, liege das Geschäft im Busverkehr und anderen Reisebranchen weitgehend am Boden. Und während sich der Lebensmittel-Einzelhandel in großen Teilen wieder erholt habe, leiden die Textilgeschäfte nach wie vor. Meyer: „Da gibt es zum Teil eine unglaubliche Spreizung.“

Trotzdem würden immer mehr Unternehmer mit einer Verbesserung der aktuellen Situation rechnen, hat die Umfrage ergeben. „Viele erwarten, dass Ende des Jahres die Chance auf einen Impfstoff besteht“, nennt Thomas Meyer einen der Gründe. Hinzu komme, dass Deutschland bisher relativ gut durch die Pandemie gekommen sei. Kommt der Aufschwung, dann aber vermutlich nicht für alle Branchen gleichzeitig.

Statt der vom IFO-Institut angekündigten V-Form dürfte der Verlauf im Bergischen eher aus vielen Ws bestehen, schätzt Meyer. Denn gerade die Remscheider Industrie, die zum Teil noch Aufträge aus der Zeit vor der Krise abarbeitet, werde auch erst verzögert von einem Aufschwung profitieren, sagt Meyer, der den Maschinenbau als Beispiel nennt: „Große Anlagen haben Lieferzeiten von bis zu zwölf Monaten“. Entsprechend rechne der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer auch erst Mitte 2021 mit einer spürbaren Erholung.

Aufschwung nur ohne
weiteren Lockdown möglich

Doch egal, ob Anfang oder Mitte nächsten Jahres – einen Aufschwung werde es überhaupt nur dann geben, wenn der Wirtschaft ein zweiter Lockdown erspart bleibt, betonen alle Verantwortlichen bei der IHK. Darüber hinaus wünscht sich Thomas Meyer von der Politik, dass sie alles aus dem Weg räumt, „was die Investitionsneigung behindert“. Dazu zählt der IHK-Präsident Thomas Meyer auch Steuererhöhungen und übertriebene Bürokratie. Und berichtet, dass man um Mittel aus dem Europäische Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bekommen zu können, zuerst einen mehrseitigen Antrag auf einen Antrag stellen muss. Auch erweiterte Möglichkeiten für Verlustnachträge und Abschreibungen von Investitionen seien sinnvoll, „weil das sofort Liquidität in die Unternehmen bringt“.