100 Jahre Volkshochschule Die Bergische VHS will sich vom verstaubten Image befreien

Elberfeld · Die Einrichtung bietet seit 100 Jahren „Weiterbildung für alle“ an. Und entwickelt dafür permanent neue Konzepte.

Das Interesse an den VHS-Kursen war bereits in den ersten Jahren groß. Das zeigte sich auch beim Sommerfest im Jahre 1923.

Foto: VHS

. Bildung für alle als Grundpfeiler der Demokratie: Das Anliegen der Volkshochschule (VHS) war bei ihrer Gründung so aktuell wie heute. Jetzt feiert die Wuppertaler VHS ihr 100-jähriges Bestehen. Viele Grundsätze von damals sind geblieben, auch wenn sich die Institution immer wieder den Erfordernissen angepasst hat.

Eine erste Gründung einer Volkshochschule gab es schon 1912 in Barmen durch liberale Bürger – damals als vierte in ganz Deutschland. Der Erste Weltkrieg brachte den Unterricht jedoch zum Erliegen. Nach Kriegsende wurden dann aufgrund politischer Vorgaben deutschlandweit sehr viele Bildungseinrichtungen ins Leben gerufen – darunter 1919 die VHS in Elberfeld und kurz darauf in Ronsdorf und Cronenberg. „Damals galt Bildung als Schule der Demokratie“, erzählt Detlef Vonde, Bereichsleiter Politik und Geschichte. Ein Kurs kostete 30 Pfennig, Arbeitslose erhielten freien Eintritt. Schon 1920 besuchten 5600 Wuppertaler die VHS-Kurse. Angeboten wurden neben Grundfertigkeiten wie Schreiben und Rechnen Technik, Physik, Gesundheitsbildung und kulturelle Themen.

Besonders beliebt waren in den 20er Jahren die Kurse von Hubert Tigges: Er hielt Vorträge über Europa und unternahm mit seinen meist jungen Kursteilnehmern Reisen in die Nachbarländer. Ihm lag die Völkerverständigung am Herzen. Das war den Nazis ein Dorn im Auge und Tigges musste ab 1928 seine Reisen privat organisieren, die späteren Dr. Tigges-Studienreisen.

Plakat der Volkshochschule Wuppertal aus dem Jahr 1919.

Foto: VHS

In den 30er Jahren wurden die Kurse der VHS zunehmend nationalistisch ausgerichtet. Nach dem Krieg bediente die VHS dann den großen Hunger nach Kultur und Kommunikation. 1946 wurde Otto Romünter als erster hauptamtlicher Leiter der Volkshochschule eingesetzt. In den Wirtschaftswunderjahren wuchs auch die VHS.

Die VHS will ein
neues Publikum erreichen

Heute werden jährlich rund 20 000 Kursplätze in Wuppertal vergeben. „Wir reagieren sehr schnell auf Bedarfe und setzen Impulse“, betont VHS-Leiterin Anna Lenker. Sie ist überzeugt, dass auch in Zeiten von Internet und sozialen Medien das Lernen in persönlicher Atmosphäre sinnvoll ist. „Die Leute wollen das sinnliche Erlebnis der Nähe“, fasst es Vonde in Worte. Den Fachbereichsleitern der VHS ist es wichtig, möglichst viele Menschen in Wuppertal und Solingen zu erreichen, tatsächliche „Weiterbildung für alle“ anzubieten. Dafür gehen sie auch immer wieder neue Wege: Neben Kursen über 14 Wochen gibt es jetzt auch in einigen Rubriken Power-Workshops mit wenigen Terminen. In einzelnen Fällen verlangen sie statt der Kursgebühr einen vom Kunden variabel festzulegenden Beitrag. „Das Publikum wird dadurch anders – aber das ist für uns teuer“, sagt Vonde. Denn insgesamt zahlen die Menschen dann weniger als bei festen Gebühren.

Auch sonst versucht die VHS, Hürden abzubauen. Sie möchte verstärkt Kurse in den einzelnen Stadtteilen anbieten und sich vom verstaubten Image befreien. So legen die Mitarbeiter bei den Sprachkursen Wert auf gute Vorab-Beratung, um Anspruch und Fähigkeiten passgenau auf den Kurs abzustimmen. Zur Politischen Runde kommen hochkarätige Gäste, die sonst selten in Wuppertal zu hören sind. „Wir machen auch viel Projektarbeit, die man nach außen nicht so sieht“, betont Anna Lenker. So hat die VHS gerade eine Handreichung mit Argumenten gegen Stammtisch-Vorurteile herausgebracht. Außerdem holen jedes Jahr 600 bis 800 junge Menschen bei der VHS ihren Schulabschluss nach. Für die Dozenten gibt es ein internes Fortbildungssystem, um die Qualität zu sichern. So möchte die Volkshochschule auch in Zeiten der Digitalisierung ein Zentrum für Austausch und Wissen bleiben.