Besinnliche Momente auf der Nordbahntrasse
Beim vierten Fahrradkreuzweg zwischen Vohwinkel und Wichlinghausen hielten die Radler immer wieder inne und beteten.
Der Schneefall in der Nacht zum Samstag hatte wohl doch einige Teilnehmer am vierten Wuppertaler Fahrradkreuzweg davon abgehalten, von der Wichernkapelle in Wichlinghausen bis zur Sankt-Ludger-Kirche in Vohwinkel zu radeln. Zwar lag links und rechts der Nordbahntrasse jede Menge der weißen Pracht und bot ein malerisches Bild, doch der ehemalige Schienenweg selbst glänzte schwarz, war bestens geräumt und wirkte, als habe man eine Fußbodenheizung eingeschaltet.
Fünf sportliche Fahrradpilger, statt der angemeldeten 15 und erhofften 25, waren zum Ausgangspunkt der vierten Wallfahrt gekommen und machten sich, warm, aber funktionstüchtig eingepackt auf den Weg, der mehrfach durch kurze Momente der Andacht und der Besinnung unterbrochen wurde.
Schließlich ist der Wuppertaler Fahrradkreuzweg Teil des Projektes „Pfarr-Rad“. Schon am Ausgangspunkt, der dem Abendmahl und der Entsendung gewidmet war, gedachten die Radpilger, unter ihnen auch die Trassenabschnitts-Patin Dina Kipker, der Gruppe von russischen Zwangsarbeitern, die 1945 an dieser Stelle einen Güterwagen überfallen hatten und danach in das KZ Buchenwald deportiert worden waren. „Gethsemane“ am Bahnhof Loh und die Bitte von Jesus „Nimm diesen Kelch von mir“, wobei auch da die Brücke zu Friedrich Strunk, einem weiteren Opfer nationalsozialistischer Untaten gedacht wurde.
Max Moll hielt die kurzen Andachten auf dem Pilgerpfad der Trassen-Radler und nahm den Halt am Mirker Bahnhof zum Anlass, an die Szene auf dem Kreuzweg zu erinnern, als Jesus dem römischen Statthalter Pontius Pilatus vorgeführt wurde. Gleichfalls galt das Gedenken auch den Euthanasie-Opfern des Luther-Stiftes auf dem Ölberg im Elberfelder Norden. „Es sind immer zwei Elemente, die wir bei dem Fahrrad-Kreuzweg miteinander verbinden: die Stationen Christi bis zum Kreuz und die Opfer des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges“, erklärte Max Moll, der die kurzen Andachten stimmungsvoll abhielt, ehe es weiter ging.
Am Mirker Bahnhof nicht nur seelisch, sondern auch körperlich gestärkt durch einen Imbiss. „Wir sind da besonders herzlich empfangen worden“, lobte Jörg Spitzer, Referent für Programmarbeit bei der Vereinigten Evangelischen Mission, der sich gleichfalls aufs Rad geschwungen hatte, um die rund 20 Kilometer von Wichlinghausen bis St. Ludger in Vohwinkel zurückzulegen. Ein Haltepunkt, von dem an die radelnde Pilgerschar von Sonnenschein begleitet wurde. Bahnhof Varresbeck/Giebel hieß die vierte Station, an der man der Kreuzigung gedachte, aber auch des Durchgangslagers Giebel, das der Ausgangspunkt zur Fron von Zentausenden Niederländern in der Zwangsarbeit war.
Vorletzter Punkt der Wallfahrt waren Homanndamm und der Bahnhof Vohwinkel mit Erinnerung an die Grablegung Jesu und den Angriff von 155 Lancaster-Bombern auf Wuppertals Westen, bei dem etwa 200 Menschen ihr Leben lassen mussten. An St. Ludger, deren Gotteshaus im Oktober letzten Jahres zur katholischen Radwegkirche ernannt worden ist, empfing Pastoralreferent Werner Kleine die kleine Pilgerschar. Der Geistliche der katholischen City-Kirche schloss die Radreise mit einer Andacht, einem Gebet und dem erbetenen Segen vor dem gemalten Bild der Madonna del Ghisallo, der Schutzpatronin der Radfahrer, ab.
Im Rahmen der Wallfahrt sollte auch erstmals für das vom 14. Februar bis zum 31. März vom Erzbistum Köln aufgerufene „Auto-Fasten“ geworben werden. Hier werden die Christen ersucht, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, zu Fuß zu gehen oder aufs Fahrrad umzusteigen und bei notwendigen Autofahrten den Fuß vom Gas zu nehmen.