Beton im Kanal: WSW graben Beweismittel aus

Ein Kanalanschluss an der Schloßbleiche dient der Spurensicherung. Beim Hotelbau hat Beton einen Abwasserkanal verstopft.

Foto: Praest/Boller

Wuppertal. Ein ungewöhnlicher Vorfall erfordert ungewöhnliche Maßnahmen: Zur Beweissicherung müssen die Stadtwerke in den kommenden Tagen einen kompletten Kanalanschluss auf der Schloßbleiche möglichst in einem Stück ausgraben. Über diesen Anschluss sind vor Ostern 7,5 Kubikmeter Beton bei den Gründungsarbeiten des neuen Hotels am Wall irrtümlich in den Mischwasserkanal geflossen. Ein Schaden, der frühestens Ende März 2018 behoben sein wird.

Mathias Sommerauer, Planer der WSW-Stadtentwässerung, kündigte an, dass die provisorische Überleitung, an den die Häuser an der Schloßbleiche seit dem Frühjahr angeschlossen sind, bis zum 22. Dezember durch einen neuen Kanal ersetzt werden. „Der Kanalbau wird unterirdisch im Vortrieb erfolgen“, kündigte Sommerauer an. Kein leichtes Unterfangen, denn es muss darauf geachtet werden, dass die drei bis zu fünf Meter tiefen Gruben nicht im Lasteinfallswinkel der Stützen der Schwebebahn liegen.

Die Zeit drängt. Ab Frühjahr 2018 wird die Schloßbleiche als Zufahrt zur Baustelle für den Umbau des Köbo-Hauses benötigt. Zudem kann starker Regen zur Überlastung der provisorischen Leitung führen. Das ist mit unangenehmen Folgen für die Anlieger verbunden — Geruchsbelästigung und Wasser im Keller.

„Die Überleitung kostet die WSW pro Woche 1500 Euro. Es würden erhebliche zusätzliche Kosten auflaufen, wenn wir mit dem Kanalbau erst 2019 nach Abschluss des Umbaus im Köbo-Haus beginnen würden“, sagt Unternehmenssprecher Holger Stephan. Die WSW sind überzeugt, dass der Fehler bei der Firma liegt, die den Hotelbau ausführt.

Der Investor 6b47 gab folgende Stellungnahme ab: „Die Beschädigung des Mischwasserkanals erfolgte im Zuge von Pfahlbohrarbeiten für die Gründung des neuen Hotels. Ohne dass es zunächst bemerkt wurde, war der Mischwasserkanal angebohrt worden. Der für die Gründung vorgesehene Beton ist in den Kanal gelangt und hat diesen verstopft. Warum es bei den Bohrarbeiten überhaupt zu den Beschädigungen kommen konnte, ist nach wie vor ungeklärt und soll in den kommenden Tagen durch Gutachter geprüft werden. Ursprünglich war vorgesehen, die Verstopfungen des Kanals zu beseitigen, ohne hierfür die Straße aufreißen zu müssen. Diese Versuche seitens der WSW waren leider erfolglos. Wir bedauern alle Auswirkungen, die sich aus den Schäden und der nun erforderlichen Sanierung für Nachbarn und Anwohner ergeben.“

Leidtragende sind unter anderem die Einzelhändler. „Es ist viel weniger geworden, die Laufkundschaft fehlt“, sagen Thomas Weber (Reisebüro Tui) und Mathias Mayer (Drachenladen Aufwind). Gerade vor dem Weihnachtsgeschäft sei die Situation brisant. „Das ist existenzgefährdend“, sagte Weber am Mittwoch.

Mayer macht sich Gedanken über mögliche Schadenersatzforderungen. Große Hoffnung hat er aber nicht. Auf der Hotelbaustelle habe es schon einen Zwischenfall gegeben. Eine Leitung sei gekappt worden, mehrere Tage hätten einige Läden ohne Telefon dagestanden. Letztlich habe sich niemand gefunden, der haften wollte. „Diesmal geht es um deutlich mehr“, sagt Mayer.

Die WSW haben ebenfalls einen Gutachter eingeschaltet, um gegebenenfalls Schadenersatz zu reklamieren für den Mehraufwand, der durch den Schaden an den Mischwasserleitungen entstanden ist, Die WSW verweisen darauf, dass die Baufirma, die am Hotel arbeitet, bei den Stadtwerken keine Anfrage bezüglich der angrenzenden Leitungen im öffentlichen Raum eingeholt habe. „Wenn man etwas bauen will, ist es Usus, so eine Leitungsauskunft einzuholen. Das ist nach unseren Recherchen nicht passiert. Punkt“, sagt Stephan.

Aus dem Bauamt der Stadt heißt es, dass der Bauherr immer in der Verantwortung stehe, die Lage der Leitungen zu überprüfen — unabhängig davon, ob er vorher eine Information dazu eingeholt habe. Das gebiete schon die Sorgfaltspflicht.

Passanten müssen sich noch länger auf den Umweg über die Calvinstraße zur Schwebebahn oder zum Bahnhof einstellen — ebenso in der Gegenrichtung. Der Umweg wird sich erst wieder verkürzen, wenn die Behelfsbrücke über die B 7 nicht mehr benötigt wird. Stadtsprecherin Martina Eckermann geht davon aus, dass der Zugang zum Bahnhof ab Anfang November über die neue Geschäftsbrücke am Köbo-Haus möglich ist.

Für die Geschäfte an der Schloßbleiche — wie den Drachenladen — bedeutet das aber noch nicht das Ende der Baustellen. Wenn die Arbeiten zum Umbau des Köbo-Hauses im kommenden Jahr beginnen — dort soll unter anderem eine Filiale der Stadtsparkasse entstehen — wird die Schloßbleiche die Hauptbaustellenzufahrt sein. Ob und wie die Straße dann zumindest teilweise für Fußgänger offen gehalten wird, steht noch nicht fest.