Beyeröhde Beyeröhde: „Am Wochenende kehren die schlimmen Bilder zurück“

Langerfeld. · Familie Saglar hat die Hoffnung aufgegeben, in das einsturzgefährdete Haus 45 zurückkehren zu können. Unterdessen geht die Ursachenforschung weiter.

Die Schäden am Haus an der Beyeröhde sind deutlich sichtbar. Die Häuser 43, 45 und 47 sind weiter gesperrt.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Am Sonntag vor drei Monaten war es“, sagt Özay Saglar zum unfreiwilligen Auszug. Im März musste sie mit ihrer Familie Hals über Kopf die Wohnung im Mehrfamilienhaus an der Beyeröhde 45 verlassen, weil sich dort Risse gebildet hatten. Mehrere Gebäude waren betroffen und rund 70 Personen in Sicherheit gebracht worden, nachdem Bewohner verdächtiges Knacken in den Wänden gehört und dann die Schäden festgestellt hatten. Besonders betroffen ist Hausnummer 45, in dem die fünfköpfige Familie Saglar lebte: „15 Jahre wohnen wir schon dort, eines der Kinder ist sogar im Haus geboren“, berichtet die Langerfelderin, die seit der Evakuierung in einer von der Stadt zur Verfügung gestellten Wohnung in Heckinghausen ausharrt.

Es könnte ein längerfristiger Aufenthalt werden. Denn während einige Nachbarhäuser wieder freigegeben werden konnten – kürzlich erst Nummer 48 und 49 – gilt Nummer 45 weiterhin als einsturzgefährdet und weist laut Mitteilung eines Statikers einen wirtschaftlichen Totalschaden auf, wie die Stadt mitteilt. Es bleibt gesperrt, ebenso die unmittelbar benachbarten Gebäude mit den Hausnummern 43 und 47.

Unterdessen geht die Suche nach der Ursache der Schäden weiter. Zwar steht fest, dass nicht die Stollen der ehemaligen Eisenerzzeche Karl für das Absacken des Bodens verantwortlich sind. Das haben Untersuchungen der Bergbehörde des Landes ergeben – die Zeche ist vor mehr als 120 Jahren stillgelegt worden. Dennoch wird weiter im Untergrund geforscht, sind Geologen und Seismologen am Werk, wie Baudezernent Frank Meyer bei der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Langerfeld-Beyenburg aus den Fachressorts der Verwaltung berichtete. Demnach wurden bislang mehr als 30 Bohrungen in Tiefen von 30 bis 40 Metern vorgenommen. „Häufig ist der ab einer Tiefe von fünf bis 18 Meter angetroffene Kalkstein verkarstet, das heißt, mit Hohlräumen durchsetzt“, heißt es im Bericht der Verwaltung. Diese Fels-Hohlräume würden, soweit technisch machbar und erreichbar, mit Beton verfüllt, um ein weiteres Nachrutschen von lockerem Übergangsboden zu verhindern. Die Bohr- und Verfüllarbeiten erfolgten bisher schwerpunktmäßig unter dem am stärksten geschädigten Haus 45, so die Verwaltung. Weitere Bohrungen seien unterhalb der Bürgersteige und der Straße erforderlich, die Beyeröhde bleibe für den Verkehr deshalb gesperrt.

Die Stadt hat bisher
700 000 Euro aufgewendet

„Die Arbeiten werden sicherlich noch einige Wochen dauern“, sagt Stadtsprecherin Martina Eckermann, „die Forschung zur Schadensursache läuft, es gibt verschiedene Gutachten und Berichte, die zusammengetragen werden.“ Im Fokus sei zudem ein geschädigtes Trinkwasserleitungsrohr, das von der Uni Bochum begutachtet werde. Ein Ergebnis dazu liegt laut Stadt noch nicht vor, aber: „Alle im betroffenen Straßenabschnitt noch vorhandenen Trinkwasser-Graugussleitungen wurden von den Wuppertaler Stadtwerken vorsorglich durch andere Materialien ersetzt.“

Die Stadt habe allein für die Arbeiten im Grund nebst THW und Sicherheitsdienst bislang an die 700 000 Euro aufgewendet, sagt Eckermann, nicht hinzu gerechnet die Verluste der Bewohner und Gebäudeschäden.

Özay Saglar hat wenig Hoffnung, wieder in ihre Wohnung zurückzukönnen. Im April hatten THW und Feuerwehr persönliche Gegenstände aus dem Haus sichergestellt. „Aber viel konnten wir nicht retten“, sagt Saglar. Möbel, Haushaltsgeräte – „die meisten Sachen sind im Haus geblieben.“ Sie würden schmerzlich vermisst, doch vor allem fehlt das Zuhause. Die fünfköpfige Familie sucht dringend eine dauerhafte neue Bleibe im Wuppertaler Osten.

Eine zusätzliche Belastung für die Familie ist auch die Verarbeitung des Schocks: „Es ist nicht leicht. Am Wochenende können wir hier alle nicht schlafen. Das ist immer am schlimmsten, da kommen die Erinnerungen zurück.“