Konzert Biblischer Stoff mit antiker Dramatik
In der Laurentiuskirche wurde Händels Alterswerk „Jephtha“ aufgeführt.
Händels „Jephtha“ ist ein Werk, das man am besten mit vereinten Kräften stemmt. Abendfüllend ist das Oratorium für Solisten, Chor und Orchester – und für die Aufführung in der Basilika St. Laurentius tat sich der Laurentiuschor unter Hans Küblbeck mit dem Chor der Evangelischen Stadtkirche Remscheid-Lennep (Einstudierung: Kantor Johannes Geßner) zusammen.
„Jephtha“ ist Händels letztes Oratorium. Wegen seiner fortschreitenden Erblindung konnte er die Komposition nur mit Mühe abschließen. Die Premiere im Jahr 1752 im Londoner Covent Garden Theatre war denn auch die letzte von ihm selbst geleitete Aufführung eines seiner Stücke.
Auf ein englisches Libretto komponiert, verschmilzt das Alterswerk einen biblischen Stoff mit der Dramatik einer antiken Tragödie. Jephtha führt die Israeliten gegen ein feindliches Heer in die Schlacht. Um seinen Gott gnädig zu stimmen, schwört er – wie später Mozarts Opernheld Idomeneo – einen Eid: Wenn er zurückkehrt, will er das erste, was ihm begegnet, dem Herrn opfern. Zu seinem Unglück eilt ihm nach dem Sieg seine einzige Tochter Iphis entgegen
Ausdrucksvoll kommentierte der ökumenische Projektchor die Umschwünge der Handlung. Ein präzise artikuliertes Glaubensbekenntnis bildete den Auftakt. Gut gelangen auch die folgenden mehrstimmigen Chorsätze. Allerdings wurde dieses Niveau nicht durchgängig gehalten. Manche hohen Töne glänzten eher matt.
Ähnliches galt für das junge Orchester, das die 40 Sängerinnen und Sänger begleitete. Da wurde die Musik zuweilen brav ausbuchstabiert, statt sie energisch vorzutragen. Schön, dass sich die beiden Ensembles beim Highlight des Oratoriums – dem Chor „Wie dunkel, o Herr, sind deine Ratschlüsse!“ – wieder mächtig ins Zeug legten.
Von Anfang bis Ende hielten die Solisten die Spannung. Daniel Tilch, der schon 2016 bei Haydns „Schöpfung in der Laurentiuskirche gesungen hat, gestaltete die Titelrolle mit einer sich mühelos aufschwingenden Tenorstimme. Sicher in den Höhen agierte auch Hae Min Geßner. Mit präsentem Sopran verlieh sie der Partie der Iphis Frische und Temperament.
Volle, warme Töne waren die Spezialität von Sopranistin Margit Diefenthal, die als Iphis‘ Mutter auftrat. Den Verehrer der Tochter verkörperte Kiuk Kim. Sein Countertenor klang mitunter recht dünn, und sein Textvortrag ließ ebenfalls Wünsche offen. Was man von Jae Hyong Kim nicht behaupten konnte, der als Erzählerfigur einen soliden Bass hören ließ.
Einen späten, aber effektvollen Auftritt hatte Immanuel Schneider von der Wuppertaler Kurrende. Sein heller Knaben-Sopran setzte dem Fatalismus des Chors die Stimme Gottes entgegen, der in letzter Minute das Menschenopfer verhindert. Die Zuhörer reagierten darauf mit stehenden Ovationen.