Bildungspaket: Die Nachfrage in Wuppertal steigt
Auch weil die Kriterien geändert wurden, nehmen immer mehr Familien in Wuppertal Angebote wie Hilfen zur Nachhilfe an.
Wuppertal. Die zehnjährige Jule tut sich schwer. Früher hat ihr die Schule immer Spaß gemacht, jetzt macht ihr vor allem der Mathematik-Unterricht zu schaffen. Erst seit ein paar Monaten ist sie auf dem Gymnasium, aber gleich nach dem ersten Halbjahr steht sie in Mathe fünf. In der Hausaufgabenbetreuung der offenen Ganztagsschule konnte man ihr kaum helfen — zu viele Kinder werden dort betreut. Und zur Nachhilfegruppe kann ihre Mutter sie auch nicht fahren, denn die ist alleinerziehend und muss sich um Jules zwei Geschwister kümmern.
Jules Familie ist ein Beispiel für viele Fälle in Wuppertal. Doch seit 2011 können Familien wie Jules Hilfe aus dem Bildungs- und Teilhabepaket beantragen. Dieses sieht auch Zuschüsse zu Lernförderungen vor — inklusive Nachhilfeunterricht zu Hause. Und mittlerweile nehmen auch immer mehr Familien die Förderungen in Anspruch.
„Die Zahl der Anträge hat deutlich zugenommen“, bestätigt Andreas Kletzander, Sprecher des Wuppertaler Jobcenters, wo die meisten Anträge zum Bildungspaket eingereicht werden. Anfangs seien dort nur rund 30 bis 40 Anträge auf Lernförderung im Monat eingegangen, im vergangenen Monat waren es immerhin 153. „Das Land hat die Kriterien neu gestaltet“, sagt Kletzander. So gebe es heute nicht erst Nachhilfe, wenn das Klassenziel nicht erreicht wurde, sondern bereits, wenn ein Schüler versetzungsgefährdet ist, es um den Wechsel zur weiterführenden Schule geht oder die Noten einfach schlechter geworden sind.
Für die Nachhilfe bei einem professionellen Anbieter zahlt die Stadt 20 Euro pro Unterrichtsstunde, für einen privaten Lehrer zu Hause gibt es zehn Euro. „Bis zu 35 Nachhilfestunden können pro Antrag genehmigt werden“, sagt Kletzander. Wie viele es im Einzelfall seien, werde individuell entschieden.
Insgesamt sind seit Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets 2011 rund 18 000 Anträge beim Jobcenter eingegangen — davon 1471 Anträge auf Lernförderung. Bewilligt werden im Schnitt mehr als 80 Prozent der Anträge. „Wenn Anträge nicht bewilligt werden, dann liegt das häufig daran, dass sie nicht korrekt ausgefüllt oder nicht vollständig sind“, sagt Kletzander. Das Jobcenter frage dann noch bis zu dreimal nach. Wenn von der Familie nichts mehr komme, sei der Antrag abgelehnt.
Der Antrag von Jules Familie war aber vollständig: Einmal in der Woche kommt nun Lukas zu Jule nach Hause. Der Abiturient erklärt ihr genau, wie das mit den Minuszahlen funktioniert.
Und Jule ist auch schon ein bisschen zuversichtlicher: In der jüngsten Mathearbeit schrieb sie eine Drei.