Orgeltage mit Pantomime: Der Kreuzweg im Zeitraffer
Milan Sládek beeindruckt durch Körpersprache.
Oberbarmen. Einen weiteren Höhepunkt präsentierten die Organisatoren der Wuppertaler Orgeltage zum 40. Geburtstag: Marcel Duprés „Le Chemin de la Croix“ (Der Kreuzweg) begleitete der Pantomime Milan Sládek am Sonntag mit Mimik und Körpersprache in der gut besetzten Immanuelskirche. Die 14 Stationen des Leidenswegs sind schon allein in der Musik ein gewaltig erschütterndes Erlebnis. Zusammen mit der pantomimischen Deutung erschließt sich die nicht einfach zu konsumierende Musik sinnfällig.
So stellt Sládek, mit weiß geschminktem Gesicht und hellem Samt-Überwurf über dem schwarzen Körperdress, nicht nur den leidenden Jesus dar, sondern auch die gaffende Menge — Menschen, die höhnisch lachen, mit Fingern zeigen oder sich zweifelnd und verstört abwenden. Pilatus, in die römische Toga gekleidet, befiehlt mit nach unten weisenden Daumen den Tod.
Jede Station versieht Dupré mit einem melodischen oder vom Rhythmus bestimmten Grundmotiv — vom Organisten Reinhold Richter zumeist versiert vorgetragen. Das mühsame Marschieren unter dem Kreuz kennzeichnet der hinkende Rhythmus, das dreimalige Fallen beschreiben abwärtsgerichtete, gebundene Linien. Tröstlich antwortet Jesus auf den Klagegesang der Frauen Israels mit aufsteigendem Dur-Dreiklang. Das weiße Samttuch wie einen Schleier über den Kopf gelegt, gibt der Pantomime die Frauen oder die Mutter Maria unter dem Kreuz — lächelnd oder mit gefurchter Stirn tonlos weinend. Die Kreuzigung symbolisieren Akkorde wie Hammerschläge und das Erdbeben beim Tod Jesu ist ein unheilvolles Orgel-Grollen mit plötzlicher Ruhe.
Die sieben letzten Worte am Kreuz („Mein Gott, warum hast du mich verlassen“) sind ein stummer Schrei des aufgerissenen Mundes. Zur Musik der 14. Station („Jesus wird ins Grab gelegt“) lässt der Pantomime alle Stationen wie im Zeitraffer noch einmal Revue passieren.