Wenn der Freund zum Feind wird - Kay Stiefermann im "Maskenball"

„Ein Maskenball“ wird seine nächste Herausforderung: Kay Stiefermann feiert am Sonntag Premiere.

Herr Stiefermann, am kommenden Sonntag erlebt das Publikum im Opernhaus eine musikalische Mischung aus Hass, Eifersucht und tragischer Liebessehnsucht. Welche Rolle spielen Sie beim „Maskenball“?

Kay Stiefermann: Die Rolle des Renato — also des besten Freunds, Beschützers und Beraters des Grafen Riccardo, der im Laufe der Oper zum erbitterten Feind wird.

Was genau reizt Sie an Verdis „Maskenball“?

Stiefermann: Zum einen ist es meine erste große Verdi-Partie, und nachdem ich in der jüngsten Zeit hauptsächlich deutsches Repertoire gesungen habe, freue ich mich auf diese große italienische Oper, die stilistisch und musikalisch ganz andere Anforderungen stellt. Zum anderen ist die Partie des Renato in ihrer Entwicklung sehr interessant.

Gibt es eine Lieblingsszene?

Stiefermann: Ja, den Beginn des dritten Akts — den erbitterten Streit mit Amelia, die daraufhin eine wunderschöne Arie singt. Anschließend folgt die große Arie des Renato, in der er seine ganze Verletzung und seinen Schmerz besingt — er vollzieht seinen Wandel vom Freund zum Feind des Grafen Riccardo.

Was genau erwartet das Publikum im Opernhaus?

Stiefermann: Eine spannende Geschichte, die Verdi mit seiner wundervollen Musik kurzweilig und sehr intensiv erzählt, wunderschöne Kostüme, ein starkes Solistenensemble, ein hervorragender Chor und ein tolles Orchester.

War es schon immer ein Traum, Sänger zu sein?

Stiefermann: Immer vielleicht noch nicht, aber schon sehr lange. Mit 16 Jahren habe ich angefangen, meine Stimme ausbilden zu lassen, und von da an, war es mein Wunsch Sänger zu werden. Später hatte ich dann auch das nötige Glück, diesen Beruf tatsächlich ergreifen zu können, und nach inzwischen 15 Jahren ist es immer noch mein Traumberuf.

Die Wuppertaler Bühnen erleben schwierige Zeiten. Das Spardiktat und die Diskussion über die Zukunft hinterlassen Spuren — natürlich vor allem im Theater, aber auch in den Köpfen der Zuschauer. Trotzdem halten Sie Wuppertal auch in schwierigen Zeiten die Treue und fühlen sich anscheinend wohl — sonst wären Sie nicht seit der Spielzeit 2001/2002 festes Ensemblemitglied. Welchen Traum haben Sie noch?

Stiefermann: Mein Traum ist es, dass trotz der schwierigen Zeiten, die ja alle kulturellen Einrichtungen hart trifft — und das überall auf der Welt —, in Deutschland die Vielseitigkeit der Theaterlandschaft erhalten bleiben kann. Es ist doch wunderbar, dass es in fast jeder größeren Stadt ein Theater oder Opernhaus, ein professionelles Orchester und ein Kulturangebot gibt, das, wenn es genutzt wird, alle Ebenen einer Stadt und deren Bewohner bereichert. Das Live-Erlebnis eines Theater-, Opern- oder Konzertbesuchs ist etwas ganz Besonderes und durch Fernsehen oder Internet nicht zu ersetzen. Außerdem hat mir persönlich die Arbeit in Wuppertal immer sehr viel Freude gemacht, und ich konnte und kann hier viele Partien zum ersten Mal ausprobieren. Später habe ich sie dann an anderen Opernhäusern, auch im europäischen Ausland, singen dürfen.

Zuletzt war vor allem „Der fliegende Holländer“ ein großer Erfolg. Im Juli sind Zusatzvorstellungen geplant. Was bedeutet Ihnen diese Partie?

Stiefermann: Der Holländer ist für mich eine ganz besondere Produktion, die uns alle sehr erfreut und bewegt hat. Die Musik greift mich emotional sehr an und auf dem hohen musikalischen Niveau, das mit unserem Orchester und Chor möglich ist, ist es eine große Freude, diese Musik zum Leben zu erwecken. Den Holländer singen zu können, ist mir eine große Freude und Ehre.

Sie gelten als Publikumsliebling. Freut man sich einfach „nur“ darüber — oder erhöht das andererseits auch den Erfolgsdruck?

Stiefermann: Nein, ich freue mich „nur“ sehr darüber. Der Erfolgsdruck liegt für mich in der Natur der Sache, er entsteht aus meinem Anspruch an mich und meinem Umgang mit meiner Stimme und der Musik. Den empfinde ich unabhängig davon, wo ich auftrete. Aber ein direktes Feedback und ein Sich-Wohlfühlen an einem Theater und mit dem Publikum — das ist eine große Hilfe.

Sie treten nicht nur in Wuppertal auf, sondern geben auch an anderen Bühnen Gastspiele. Welche Projekte stehen als nächstes an?

Stiefermann: Als nächstes werde ich eine Serie von Vorstellungen in Wien („Die lustige Witwe“) singen, danach eine Neuproduktion der Oper „Salome“ am Staatstheater Darmstadt. Ein Liederabend im Wuppertaler Opernhaus steht am 14. April an — mit deutschen Balladen verschiedener Komponisten und Liedern von Gustav Mahler. Im Mai folgt Mendelssohns „Paulus“ mit dem Wuppertaler Sinfonieorchester. Im Sommer werde ich mit dem Rundfunkorchester München eine Mayr-Oper konzertant aufführen und schließlich eine Lied-CD mit deutschen Balladen-Vertonungen aufnehmen.