Bürgerbeteiligung: Umfrage im Internet verwirrt Nutzer
Noch bis Freitag sollen Wuppertaler ihre Meinung äußern. Aber die städtische Homepage streikt bei manchen Servern.
Wuppertal. Bürgerbeteiligung könnte so einfach sein, wenn man sie denn verstehen würde. Gerade bemüht sich das in Wuppertal neu hierfür eingerichtete Dezernat, möglichst viele Bürger an der Entwicklung von Leitlinien zur Beteiligung zu beteiligen. Immerhin. Das versuchen der Beigeordnete Panagiotis Paschalis und seine Mitarbeiter, indem bis Freitag jeder Besucher der offiziellen Internetseite der Stadt konkret zur Beteiligung aufgefordert wird. Ziel und Sinn sind allerdings für Außenstehende nur schwerlich zu ermitteln.
Wer die Internetseite wuppertal.de öffnet, sieht sogleich mitten auf dem Bildschirm einen Banner. „Liebe Bürgerinnen und Bürger, wie stellen Sie sich gelungen Bürgerbeteiligung vor? Diskutieren Sie mit!“ fordert ein strahlender Dezernent den Nutzer auf. Da kann man kaum nein sagen und klickt beinahe automatisch auf „Ich möchte mitdiskutieren“.
Danach erscheinen — je nach Server — bestenfalls sekundenlang (Explorer) oder in Endlosschleife (Mozilla Firefox) englische Sätze und der Hinweis „loading“ (laden) im Wechsel. Den Inhalt der englischen Slogans kann man selbst nach erfolgreichem Anglistik-Studium nur in Ansätzen verstehen.
Entweder verliert der diskussionswillige Internetnutzer, der eigentlich nur die Öffnungszeiten der Zulassungsstelle oder die Telefonnummer des Ordnungsamtes wissen wollte, die Geduld und schließt die Anwendung. Dann erscheint das Banner beim erneuten Öffnen der städtischen Homepage auch nicht mehr und der Weg zur Bürgerbeteiligung ist erst einmal verschwunden. Es sei denn, der Nutzer kennt den Geheimweg zur Umfrage, der nirgends auf der Startseite beworben wird.
Oder er wartet, bis sich irgendwann der Bildschirm in ein kräftiges Blau taucht. Das kann auch schon mal eine Stunde dauern. „Leitlinien für Bürgerbeteiligung“ steht dann über der Seite, von deren linkem Rand wieder Herr Paschalis die Bürger anlacht.
Nun hat man die Wahl zwischen „Zum Projekt“, „Anmelden“ oder „Starten Sie Ihre eigene Konsultation“. Letzteres klingt wie eine Beratung beim Arzt und lässt jede Menge Interpretationsspielraum. Soll der Bürger beraten werden? Oder soll der Bürger die Stadt beraten? Wer sich dazu entschließt, eine Konsultation — was auch immer das sein soll — durchzuführen, hat spätestens beim nächsten Klick komplett den Überblick verloren. „Führen Sie das Wissen Ihrer Stakeholder an einem Ort zusammen“, heißt es dort. Was hat das genau mit Bürgerbeteiligung zu tun?
Wer eine Seite vorher die richtige Schaltfläche gedrückt hat und sich bis „Zum Projekt“ durchgeklickt hat, wird nun gefragt: „Wie stellen Sie sich Bürgerbeteiligung in Wuppertal vor?“. Eine gute Frage, für deren Beantwortung doch eigentlich das Dezernat gute Ideen haben sollte. Paschalis war bislang jedenfalls nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Immerhin haben es schon einige Wuppertaler geschafft, ihre Meinung in einer „Kernaussage“ kundzutun. Wer wissen möchte, was die anderen sagen, kann auf „Kernaussagen“ klicken. Wer selbst eine Meinung kundtun möchte, drückt auf „Beantworten“.
Kommentare sind bis zum 10. Juni möglich. Anschließend soll eine Planungsgruppe bis Februar 2017 die neuen Leitlinien entwickeln. Danach sollen Informationsveranstaltungen stattfinden und im März soll der Rat über die Leitlinien entscheiden.
Da bleibt nur zu hoffen, dass die Bürger die Ergebnisse leichter verstehen als die Umfrage, die hoffentlich nicht darauf schließen lässt, wie Bürgerbeteiligung effektiv verhindert werden soll.