Wuppertal Bus und Bahn für alle ab 12 Euro im Monat

Wuppertal · Die Initiative Bürgerticket hat in Wuppertal ein Konzept vorgestellt, um den ÖPNV auf andere Art und Weise zu finanzieren.

Jan Niko Kirschbaum zeigt eine Karte, die als Werbung für das Bürgerticket dienen soll.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Die Stadtwerke machen Verlust mit dem ÖPNV – zuletzt mehr als 50 Millionen Euro in der Bilanz – und dünnen das Angebot aus. Die Stickoxidwerte sind zu hoch. Die Bürger fürchten Fahrverbote für Diesel. Durch den Ausfall der Schwebebahn nimmt der Verkehr aber noch zu. Parallel steigen die Ticketpreise für den ÖPNV: Der öffentliche Nahverkehr ist ganz allgemein nicht frei von Problemen.

Dabei könnte er die Lösung für all das sein. Das sehen jedenfalls die Menschen der Initiative Bürgerticket so. Sie haben ein Konzept für ein durch Bürger finanziertes ÖPNV-System in Wuppertal entwickelt, mit dem sie all diese Probleme lösen wollen - und alle Wuppertaler an den ÖPNV heranführen wollen.

Am Mittwoch haben Jan Niko Kirschbaum, Sprecher der Initiative, Axel Sindram (ebenfalls bei Pro Bahn aktiv) und Dieter Hofmann (vom Kompetenznetzwerk Bürgerhaushalt) das 28 Seiten starke Papier vorgestellt.

Die Idee ist ganz einfach. Fast alle Bürger sollen gemeinsam den Betrieb des ÖPNV finanzieren. Die bisherige Finanzierung aus den Stromeinnahmen der Stadtwerke ist seit der Liberalisierung des Strommarktes auf Dauer nicht mehr tragfähig. Bis zu diesem Zeitpunkt, so Jan Niko Kirschbaum, hätten auch alle Bürger über den Strom den ÖPNV mitgetragen. Das soll in dem Gedankenspiel durch einen für alle Bürger der Stadt erhobenen Ticketpreis ersetzt werden.

Abgestufte Preise zwischen 12 und 50 Euro

Die Idee ist, abgestufte Preise einzuführen. 50 Euro als Standardpreis pro Person pro Monat. 30 Euro für diejenigen, die weniger als 1500 Euro verdienen und 12 Euro für Menschen, die weniger als 900 Euro zum Leben haben. Dazu soll es Ausnahmen und Sonderregelungen geben für Kinder, Schüler, Studenten, Schwerbehinderte - und Menschen, die schlecht bis gar nicht an den ÖPNV angebunden sind. Wie die qualitative Anbindung bemessen werden soll, sei noch diskussionsoffen, sagt Kirschbaum.

Nach den Berechnungen von Kirschbaum und seinen Mitstreitern sollen so Einnahmen von 163 Millionen Euro generiert werden – mehr als die kompletten Ausgaben der WSW für den ÖPNV im Jahr 2017. „So bleiben den Stadtwerken 50 Millionen Euro Gewinn aus dem Stromgeschäft im Jahr“, betont Kirschbaum. Und sieht so Möglichkeiten für die Stadtwerke, sowohl in den ÖPNV als auch in die Stromsparte zu investieren.

Darüber hinaus gehen die Initiatoren davon aus, dass die gesamte Stadt profitiert. Aus Studien des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen gehe hervor, dass für jeden in den ÖPNV investierten Euro ein Nutzen von 4,2 bis 4,4 Euro entstehe - etwa wegen neuer Jobs oder weniger Stau.

Davon sollen auch Autofahrer profitieren

Dass auch Autofahrer profitieren, betont Axel Sindram. Denn mit einem stärkeren ÖPNV gebe es erstens weniger Luftbelastung, also keine Gefahr von Fahrverboten, und zweitens gebe es eben weniger Verkehr. Also freie Fahrt für Autos - durch mehr Busse und Busfahrgäste.

Sindram sagt, es sei klar, „dass wir ein dickeres Brett hier bohren müssen, wenn wir alle an der Finanzierung beteiligen wollen“. Aber so erwartet er auch einen größeren Effekt. Die gemeinsame finanzielle Anstrengung führe eben auch dazu, dass mehr Leute den ÖPNV nutzen würden - sie zahlen ja immerhin.

Das Konzept soll Diskussionsanstoß sein – und seine Umsetzung hängt auch von der Landespolitik ab. Denn die müsste einer Abgabe für den ÖPNV im Kommunalabgabengesetz zustimmen.

Pro Bürgerticket: Warum das Ticket für alle eine gute Idee ist - ein Kommentar von WZ-Redakteur Eike Rüdebusch.

Contra Bürgerticket: Das Ticket für alle würde für Ungerechtigkeit sorgen, kommentiert WZ-Redakteurin Katharina Rüth.