Kommentar Contra: Soll Wuppertal eine Seilbahn bekommen?
Meinung | Wuppertal · Noch bis zum 26. Mai kann in Wuppertal über das Seilbahn-Projekt abgestimmt werden. Die Seilbahn nützt den meisten Wuppertalern wenig, meint unsere Autorin.
Neue Ideen für Wuppertals Verkehr wären eine tolle Sache. Aber nicht unbedingt eine Seilbahn nach Küllenhahn. Denn sie würde für den Öffentlichen Nahverkehr insgesamt nur wenig bringen, ihn sogar schlechter machen.
Vorteile hätten die Studenten, die schnell und auf sicher reizvolle Weise zur Uni schweben könnten. Weil die Seilbahn mehr Menschen transportieren kann, blieben ihnen die überfüllten Busse erspart. Und wer auch an die Uni oder nach Küllenhahn will, der wird sich ebenfalls an dem neuen Verkehrsmittel erfreuen.
Aber wer ist das? Schüler des Schulzentrums Süd? Die müssten jeweils ziemlich nah an der Talstation oder der Uni-Station wohnen, damit die Seilbahn für sie ein Vorteil ist. Sportler, die das Schwimmsportleistungszentrum an der Schule nutzen? Für sie gilt das gleiche.
Touristen könnten es spannend finden, Seilbahn zu fahren, ja. Aber sie werden enttäuscht sein, wenn sie an der Küllenhahner Straße ankommen und dort nichts weiter finden als Aldi, eine Feuerwehrwache und ein Schulzentrum. Und wohl ein Parkhaus für die Seilbah-Nutzer. Deshalb fallen Touristen als nennenswerte Nutzergruppe aus.
Küllenhahner werden vielleicht auch gern den schnellen Weg ins Tal nehmen, aber Cronenberger aus anderen Quartieren müssten erst mit anderen Verkehrsmitteln zur Station kommen, dann umsteigen. Es ist nachvollziehbar, dass sie eine direkte Busverbindung vorziehen.
Und viele weitere Menschen werden für die Seilbahn auf Qualität im Nahverkehr verzichten. Denn der Betrieb der Seilbahn soll durch Einsparungen bei den Bustakten finanziert werden. Sie klingen harmlos – zum Beispiel ein Takt von 15 statt 10 Minuten. Aber jede kleine Unbequemlichkeit macht den Nahverkehr unattraktiver.
Für eine kleine Gruppe wird sogar das ganze Leben beeinträchtigt: Die Menschen, die direkt auf der Trasse wohnen. Geräusche und Schattenwurf sind dabei noch das geringere Ärgernis. Aber der Blick fremder Menschen auf eine bis dahin nicht einsehbare Terrasse oder in das bisher nicht einsehbare Fenster sind eine erhebliche Beeinträchtigung. Die WSW haben schon mal Scheiben für die Gondeln in Aussicht gestellt, die sich automatisch eintrüben und so neugierige Blicke verhindern. Die Kosten dafür haben sie aber noch nicht erwähnt. Und dass die Technik auch verlässlich so klappt, wie sie soll, kann man bezweifeln. Das gilt übrigens auch für die Aufzüge in den Stationen, die den barrierefreien Zugang in die Gondeln sicher stellen sollen.
Nicht zuletzt käme mit der Talstation ein weiteres sehr großes modernes Gebäude auf den Döppersberg und würde das Gleichgewicht zwischen Alt und Neu verändern. Gemeinsam mit dem Primarkhaus würde die Station den Döppersberg dominieren und das Bahnhofsgebäude erdrücken.
Fazit: Innovation im Nahverkehr gern, aber die sollte von der Frage her gedacht werden: Was brauchen wir? Und nicht von: Was wäre spektakulär?