Corona und Verkehr Corona sorgt für Fahrradboom - und Wartezeit in der Werkstatt

August oder September. Wer sein Fahrrad reparieren lassen will, der muss aktuell sehr lange warten. Wuppertals Fahrradläden und Werkstätten haben viel zu tun. Mehr, als sie schaffen können. Corona ist schuld, oder: Corona sei dank.

Bei den Fahrradläden und -werkstätten gibt’s derzeit so viel zu tun wie sonst nie. Arnt Fischer (l.) und Jasper Richter (r.) arbeiten an einem E-Bike. Dazwischen: Klaus Lang.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Für die Fahrradläden ist das eine ungewohnte Situation. Klaus Lang, Vorsitzender des ADFC Wuppertal und Mitarbeiter beim Fahrradladen „Radfinesse“ an der Haspeler Straße, sagt, zum normalen Saisongeschäft kämen nochmal 50 Prozent dazu. Es herrscht Hochbetrieb.

Corona hat der Branche Aufschub gegeben, überall im Land, aber auch in Wuppertal. Wer herumfragt, kriegt das überall zu hören. Auf den Internetseiten der Händler findet man fast durchweg Hinweise, dass Räder ohne Termin nicht angenommen werden, dass Beratungen nur mit einem Termin möglich sind – so etwa bei „Fahrrad Wildmann“. Auf Nachfrage erklärt Inhaber Tobias Wildmann, dass das schon seit dem Start der Pandemie so gehe – mehr könne er aber nicht sagen, er habe eine dringende Reparatur zu erledigen. Der Fahrradladen „Pedalero“ an der Friedrich-Ebert-Straße hat nicht einmal Zeit, das Gespräch anzufangen - „zu viel zu tun“, heißt es am Telefon.

Bei „Der Zweirad Experte“ kann man mit oder ohne Termin kommen, muss aber dann Wartezeiten am improvisierten Eingang auf der Rückseite des Gebäudes in Kauf nehmen. Dafür stehen dort kleine Liegestühle bereit. Reparaturen werden aber nur mit Termin angenommen.

Die Läden sind nicht glücklich,
die Kunden warten zu lassen

Klaus Lang sagt, wohl stellvertretend für alle, dass man mit der Situation unzufrieden sei – keiner wolle seine Kunden warten lassen. Der Ansturm sei nur zu groß für die vorhandenen Mitarbeiter.

Bei „Radfinesse“ fängt jetzt ein neuer Mitarbeiter an – aber die Werkstatt hat trotzdem nur zwei Arbeitsplätze. Die Möglichkeiten sind begrenzt. In der kleinen Werstatt sind Jasper Richter und Werkstattleiter Arnt Fischer beschäftigt, die Belege der Hydraulikbremsen bei einem E-Bike auszutauschen und zu justieren. Das dauere schon einmal 30 bis 40 Minuten. Richter ist Student, ursprünglich aus Uelzen in Niedersachen, wo sein Vater einen Fahrradladen betreibt. Da ist genauso viel los wie hier. „Ich musste gerade extra zwei Wochen nach Hause, um zu helfen“, sagt er. „Es ist einfach überall viel los im Moment“.

Das führt natürlich auch dazu, dass potenziell mehr Menschen mit dem Rad unterwegs sind. Bei Stadt und Polizei kann man das nicht anhand von Zahlen bestätigen, aber subjektiv habe man auch den Eindruck. Lang, als ADFC-Vorsitzender, schätzt, dass sich der Radverkehr verdoppelt hat. Auch weil viele nicht mehr in Busse und Schwebebahn steigen wollten. Die Vermutung ist erst einmal, dass gar nicht so viele Autofahrer umsteigen. Wobei Lang das natürlich trotzdem hofft, ebenso wie „Radfinesse“-Inhaber Roger Heise. „Wir hoffen, das hat einen Effekt in anderen Bereichen“, sagt er. Vielleicht ist Corona der Beginn eines Umschwungs auf das Rad.

Claudia und Bernd Engelmann aus Vohwinkel warten um 15 Uhr vor dem Laden in Unterbarmen. Sie haben vor einer Woche einen Beratungstermin ausgemacht – Claudia will ein E-Bike kaufen. Aber nicht wegen Corona. Die beiden hätten vor einem Jahr ihr Auto abgeschafft und haben seitdem ein Lastenrad. Aber wenn Bernd darauf fahre, müsse Claudia sich ganz schön anstrengen um ohne Motor mitzuhalten. Das wolle sie ändern.

Klaus Lang sagt, die E-Bikes gingen gerade richtig gut weg. „Ausschließlich“. Ohne Motor sei eigentlich kein Thema mehr. Und der Verkauf von Neuware sei der andere große Boom neben den Reperaturen. Die Lieferanten kämen nicht mehr richtig nach.

Das sagt auch Knut Dickten, der sein Geschäft am Unterdörnen hat. Die Situation sei „ziemlich heftig“. Es gebe manchmal Schlangen vor dem Laden, das Lager werde langsam leerer, und wenn Kunden spezielle Wünsche hätten, müsse er sie auch schon auf die kommende Saison vertrösten. Dickten sieht einen Umschwung, er sagt, es gebe gerade viel Nachholbedarf bei Radfahrern in Wuppertal – und es sei wohl auch etwas Geld über, weil der Urlaub nicht so groß ausfalle.

Was klar ist, ist dass die Fahrradbranche klar profitiert von der Krise. Und dass danach wohl deutlich mehr Menschen ein taugliches Fahrrad haben. Ob das einen Wandel lostritt, ist offen. Immerhin meldet das Straßenverkehrsamt gerade bei den Gebrauchtwagen Rekordanmeldungen.