Chorgesang Wenn der Chorleiter statt zum Taktstock zum Zollstock greift
Wuppertal · Ein Gottesdienst ohne gemeinsamen Gesang - das war für regelmäßige Kirchgänger vor der Coronakrise unvorstellbar. Inzwischen haben sich die Besucher der Gottesdienste damit abfinden müssen, dass der Gesang von Kirchenliedern nur noch eigeschränkt möglich ist.
Zu groß ist die Gefahr, dass sich beim lautstarken Singen in geschlossenen Räumen Coronaviren verbreiten. Insbesondere für den Chorgesang empfehlen die Experten Vorsichtsmaßnahmen.
Stefan Starnberger, Kantor der katholischen Pfarrgemeinde St. Antonius und Leiter der Antoniusmusik, ist von den Einschränkungen besonders stark betroffen. Während er als Chorleiter eigentlich darauf achten muss, dass die Sängerinnen und Sänger die Einsätze nicht verpassen, spielt nun auch der Abstand der Sänger untereinander eine Rolle. „Ich habe einen Riesen-Zollstock gekauft. Der kommt zum Beispiel zum Einsatz, wenn ich mit dem Kinderchor probe und der Abstand von drei Metern eingehalten werden muss“, berichtet Stefan Starnberger. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Strukturen der Antoniusmusik unter Beachtung der Hygienebestimmungen zu erhalten. Nach einer siebenjährigen Aufbauzeit mit der Weiterentwicklung von 80 Sängerinnen und Sängern in verschiedenen Chorgruppen bestehe die Gefahr, Aktive zu verlieren. Das sei zum Glück bis auf zwei Mitglieder des Kinderchores bisher nicht geschehen.
„Wir müssen in der Krise ein attraktives Gesamtpaket anbieten. Ohne Ziele geht es nicht - und das sind für die Chöre Konzerte und Auftritte. Die großen Chor-Festivals, die wir schon mit der Antoniusmusik besucht haben, werden ja leider noch länger ausfallen“, so Starnberger. Am Anfang stünden daher Auftritte kleinerer Gruppen. Am Himmelfahrtstag gestaltete zum Beispiel die Choralschola mit vier Erwachsenen den Gottesdienst musikalisch mit.
Im Mai, als wieder die ersten Messen stattfinden durften, war Starnberger als Organist besonders gefragt, denn zunächst wurde komplett auf den Gesang verzichtet. Inzwischen dürfen einzelne Strophen wieder mit Mundschutz gesungen werden. In der Kirche St. Antonius können bis zu 80 Besucher an einem Gottesdienst teilnehmen, in der kleineren Kirche Herz-Jesu in Unterbarmen sind 50 Plätze für Besucher freigegeben.
„Gemeinsames Singen befreit die Seele und fördert Gemeinschaft. Der Chor ist mehr als die Summe seiner Mitglieder, das spüren die Choristen“, sagt Kantor Starnberger. Wann diese Kraft wieder so intensiv spürbar ist, wie vor Corona, bleibe abzuwarten: „In der Christmette wird die Gemeinde das Lied von der Stillen Nacht singen - zumindest die erste Strophe.“ ab