Schülerrock-Festival Das Lampenfieber steigt vor 3000 Zuschauern
34 Bands und 16 Rapper gaben sich beim 31. Schüler-Rockfestival die Ehre. Die WZ hat die junge Band „The Key“ für einen Tag begleitet.
Wuppertal. Anelya ist cool. Ein richtiger Profi. Mit Overknee-Strümpfen zum schwarzen Minikleid und ein bisschen Lipgloss sieht die Zwölfjährige wie ein Popstar aus. Gelassen steht sie inmitten ihrer Bandkollegen und verkündet noch eine halbe Stunde vor dem allerersten Auftritt von „The Key“, gar nicht aufgeregt zu sein. Da geht es Daniel, Tobias, Nils, Tim und Jan ganz anders. Die fünf Jungs können kaum stillstehen, so sehr hat sie das Lampenfieber im Griff. Um Punkt 16.04 Uhr werden die sechs erlöst: Sie dürfen die große Bühne beim 31. Schüler-Rockfestival stürmen und zum ersten Mal vor Publikum spielen.
Schon um 14.30 Uhr am Samstag sind die ersten Bandmitglieder von „The Key“ in der Uni-Halle. Gemeinsam mit ihrem Lehrer Oliver Haberecht schauen sich die Schüler der Ronsdorfer Erich-Fried-Gesamtschule den Backstagebereich mit den Garderoben, dem Aufenthaltsraum für die Helfer und natürlich dem Bühnenzugang an. „Das ist mein erster musikalischer Auftritt mit der E-Gitarre“, erzählt der zwölfjährige Tobias, während er staunend die älteren Musiker betrachtet, die gerade durch den Künstlereingang kommen. Fast so gespannt wie auf seinen eigenen Auftritt ist er auf den seiner Vorbilder von „Dickes Gebäude“. Sie gehören beim Schüler-Rockfestival seit Jahren zum professionellen Programm. Angefangen haben aber auch sie als Schülerband.
Seit einem halben Jahr proben die sechs Sechst- und Siebtklässer aus Ronsdorf zusammen. „Die Band ist dadurch entstanden, dass Anelya zu mir kam und gesagt hat, sie wolle eine Band gründen“, erinnert sich Oliver Haberecht. „Und ich habe nicht locker gelassen, bis ich eine hatte“, ergänzt Sängerin Anelya strahlend. Nach den Sommerferien ging es mit den Proben los. Bald schon stand fest, dass „The Key“ beim Festival spielen dürfen. Dass sie just von der Schule kommen, an der das „Schülerrock“ in den 1980er Jahren entstanden ist, und die ursprüngliche Festival-Idee wie keine zweite Band an diesem Abend repräsentieren, macht die Gesamtschüler zu Botschaftern der Vergangenheit - auch wenn die Kinder das nicht wissen. Doch die Erwachsenen im Saal, die vor mehr als 30 Jahren selbst auf oder vor der Bühne standen, erkennen die Parallelen zu den ersten Veranstaltungen. Die fanden damals noch mit einigen hundert Besuchern in der „Börse“ an der Viehhofstraße statt. Seinerzeit hatten Kalle Waldinger und seine Mitstreiter vom Rockprojekt erstmals jungen Bands in Wuppertal eine Plattform geboten. Das war in den 80ern visionär. Heute ist das Schüler-Rockfestival mit mehr als 3000 Zuschauern und über 200 ehrenamtlichen Helfern Kult.
Doch zurück zu Anelya und ihren fünf Kameraden. Um 15.30 Uhr drängeln sich „The Key“ gemeinsam mit den „Wild Kids“ in Garderobe 4. Die Luft ist schlecht. Die Spannung steigt. Oliver Haberecht fängt an, die Gitarren und den Bass zu stimmen, während seine Schüler von einem Fuß auf den anderen hüpfen. Um 15.45 Uhr geht es los Richtung Bühne. Ein Profi stimmt die Instrumente ein zweites Mal, dann dürfen die Schüler durch einen dunklen Gang bis zur Bühne gehen. Dort heißt es: warten. Anelya dreht die Haare mit den Fingern. „Okay, jetzt bin ich doch nervös“, flüstert sie. Um 16 Uhr beginnt das Festival. „Luca the drummer“ macht den Anfang. Ein Stück — dann sind Daniel, Tobias, Nils, Jan, Tim und Anelya dran. Tim am Schlagzeug gibt den Takt vor, Nils spielt am Keyboard die ersten Akkorde vom „Kompliment“ der Sportfreund Stiller. Anelya singt — doch die Zuschauer hören sie nicht. Die Technik muss die Instrumente und Mikrofone erst aussteuern. Die Frontfrau von „The Key“ lässt sich davon nicht beirren und macht weiter. Nach ein paar Sekunden klingt ihre Stimme durch die Halle. Das Publikum singt und klatscht mit.
Nach zwei Liedern ist der erste Auftritt von „The Key“ schon vorbei. Noch ganz benommen klettern die sechs Nachwuchs-Musiker von der Bühne. Oliver Haberecht nimmt seine Schüler voller Stolz in Empfang, lobt und beruhigt. Es geht zurück in die Garderobe. Auf dem Weg dorthin spricht sie der Organisator des Solinger Schülerrock-Festivals an. Ob sie dort auftreten möchten? Anelya und die Jungs können es nicht fassen. „Das war megageil, Leute. Unser erster Auftritt. Wir haben das richtig gut gemacht“, sagt ein glücklicher Tim. Damit fasst er das zusammen, was die sechs Musiker an diesem Abend noch viele Male hören werden. Denn nach ihrem Auftritt geht es in die Halle, wo die Eltern und Fans warten und wo das Festival gerade erst begonnen hat.