Offen gesagt Das Pferd heißt Wuppertal
Die Studie des Wirtschaftsforschungs-Institutes Prognos hat vor Wochenfrist bestätigt, was viele im Bergischen Land schon geahnt haben werden. Dass diese Ahnungen in einer solchen Klarheit wissenschaftlich belegbar sind, ist eine Überraschung.
Aus Wuppertaler Sicht eine angenehme, zumindest auf den ersten Blick.
Prognos hat der Region schwarz auf weiß mitgeteilt, dass Wuppertal im Qualitätsvergleich der 402 Städte und Kreise auf Rang 231 liegt und sich in den vergangenen drei Jahren um 67 Plätze verbessert hat. Remscheid rangiert in dieser Tabelle auf Platz 325, Solingen ist nur einen Rang besser. Was Wirtschaftskraft, Entwicklungspotenzial und Zukunftsfähigkeit angeht, hat Wuppertal also eindeutig die Nase vorn. Damit sollte auch dem Letzten im Bergischen Land klargeworden sein, wie das Pferd heißt, das die Region für den Ritt in die Zukunft gesattelt hat. Es heißt: Wuppertal.
Aber das ist nicht jedem klar. Vor allem für Industrie- und Handelskammer (IHK) scheinen die eindeutigen Ergebnisse auf abenteuerliche Weise interpretierbar zu sein. Das Argument, Wuppertal müsse auch den anderen Städten etwas gönnen, hat mit Wirtschaftsentwicklung ungefähr so viel zu tun wie Tuffi mit der Mondlandung. Es geht nicht um Gönnen, es geht auch nicht um das Verteilen eines Geburtstagskuchens. Es geht darum, eine Chance zu erkennen und so viel wie möglich und vertretbar im Rennen auf das eigene Pferd zu setzen. Mit der von der IHK propagierten Gleichmacherei kann das Bergische Land dauerhaft auf Knien nach Brüssel rutschen. Die Alternative ist, aus sich heraus genügend Kraft zu entwickeln, dass solche Betteltouren nicht mehr oder wenigstens seltener nötig sind. Anscheinend hat Wuppertal gezeigt, dass so etwas möglich sein kann, wenn die Stadt von „Sehr gut“ auch noch weit entfernt ist. Das Tal des Elends hat sie auf jeden Fall verlassen. Und alle Anzeichen sprechen dafür, dass der Weg weiter aufwärts führt.
Mit diesem nachgewiesenen Erfolg verbindet sich für Wuppertal aber auch eine Pflicht. Wer für sich in Anspruch nimmt, das Oberzentrum zu sein und diese Rolle vor allem im Outlet-Streit mit Remscheid für sich reklamiert, der muss ´sie auch spielen. Das bedeutet eine eitelkeitsfreie Kooperation mit den Nachbarstädten. Das bedeutet Geben und nicht nur Nehmen. Das bedeutet Teilen und teilhaben lassen am eigenen Aufschwung. Themen dafür gäbe es genug. Gemeinsame Gewerbegebiete sind möglich, wenn alle sie wollen. Gemeinsame Verwaltung könnte helfen, die Personalnot in den Rathäusern zu mildern. Auf einen nicht unbedingt notwendigen Vorteil verzichten, wenn Remscheid und/oder Solingen einen Nutzen davon haben, gehörte auch zu den Aufgaben eines Oberzentrums, das nicht will, dass jenseits seiner Grenzen posturbane Ödnis beginnt.
Aber dass die Reiter mit aller Kraft an den Zügeln ziehen, hilft mit Sicherheit nicht. Vielmehr müssen die Städte im Bergischen Land, müssen die IHK und der Einzelhandelsverband Wuppertal die Sporen geben, damit aus der berechtigten Freude am hart erarbeiteten Erfolg keine Selbstgefälligkeit wird.
Die Prognos-Studie ist ein Auftrag. Er lautet: Miteinander den Stärksten stärker machen, damit am Ende alle am Totalisator jubeln können. Die Alternative ist, dass Wuppertal, Remscheid und Solingen ihre Gäule weit abgeschlagen einzeln über die Ziellinie tragen.