Seilbahn WSW planen die wohl teuerste Seilbahn der Welt
Analyse Das Projekt der WSW ist international einzigartig - vor allem die Kosten.
Investitionskosten sind ohne Vergleichszahlen schwer zu greifen. Die WSW planen in Wuppertal eine Seilbahn für 82,7 Millionen Euro. Eine mächtige Zahl, aber im luftleeren Raum sagt das nicht viel. Erst der Vergleich mit anderen Seilbahnprojekten führt vor Augen, dass die Stadtwerke in Wuppertal eine Deluxe-Seilbahn planen.
Zunächst: Seilbahn ist nicht gleich Seilbahn. In Wuppertal ist eine Dreiseil-Umlaufbahn oder 3S-Bahn geplant, sie hat ein Zugseil und zwei Tragseile und zeichnet sich durch einen geringeren Energieverbrauch aus als eine klassische Pendelbahn. Um eine 3S-Bahn in Aktion zu erleben, muss man nicht weit fahren: In Koblenz schweben seit der Bundesgartenschau 2011 18 Kabinen über den Rhein. Kosten: zwölf Millionen Euro.
Der extreme Preisunterschied ist laut WSW leicht zu erklären. Sprecher Rainer Friedrich sagt: „Meines Wissens hat die Bahn in Koblenz nur eine Stütze, in Wuppertal sind sechs geplant. Die Ausstattung und Ausführung der Stationen wird bei uns deutlich höherwertiger sein, so wird bei der Mittelstation an der Uni beispielsweise die Max-Horkheimer-Straße überbaut.“ Daher sollen in Wuppertal allein die Stationen 14,3 Millionen Euro kosten - mehr als die komplette Koblenzer Seilbahn. Die Dimensionen sind ganz andere. Wuppertal plant mit 44 Kabinen, mehr als doppelt so viele. Und: In Koblenz werden 890 Meter überbrückt, von den Stationen HBF bis Küllenhahn sind es jedoch 2,75 Kilometer Strecke.
Das Argument „Länge“ zieht jedoch nicht mehr beim Blick in die italienischen Alpen. Die Rittner-Seilbahn legt eine Strecke von mehr als 4,5 Kilometern zurück. 2009 ging die neue Umlaufbahn an den Start. Kosten: 16 Millionen Euro. Dafür gibt es in Wuppertal gerade einmal die Seilstrecke (10,4 Millionen Euro) und die Montage der Anlage (6 Millionen Euro).
Gegner gehen davon aus, dass
die Seilbahn noch teurer wird
Die Seilbahngegner halten die Kalkulation der WSW aus dem Jahr 2016 noch für zu gering. Kai Koslowski, Sprecher der Initiative Seilbahnfreies Wuppertal, sagt: „Viele Aspekte wie der Brandschutz sind noch gar nicht ernsthaft betrachtet worden.“ Der entscheidende Unterschied in Wuppertal sei die Lage: „Es ist ein riesen Unterschied, ob die Seilbahn über die grüne Wiese oder innerstädtisches Gebiet geführt wird.“ Jede einzelne Stütze sei in Wuppertal eine Herausforderung.
Ein ähnliches Szenario gab es in Rio. Über dem Armenviertel Complexo do Alemão entstand eine Gondelbahn, die sich kilometerlang über bewohntes Gebiet zog. 152 Gondeln verkehrten zwischen sechs Stationen. Trotzdem lagen die Kosten „nur“ bei 62 Millionen Euro. In die Knie gezwungen haben Rio jedoch die Betriebskosten. Im April 2016 konnte der Staat nicht mehr zahlen. Seitdem gibt es über dem Armenviertel nur noch Seile, aber keine Gondeln.
Die Suche nach einem Seilbahnprojekt, das es mit der Wuppertaler Vision aufnehmen kann, ist schwierig. Im Salzburger Pongau sollte die längste Umlaufseilbahn der Welt entstehen. 2017 platzte das Mega-Projekt, das allerdings nicht mehr als 50 bis 60 Millionen Euro kosten sollte.
Es bleibt nur der Blick an die Spitze: 2012 eröffnete mit der Emirates Air Line in London die erste Stadt-Seilbahn im Vereinten Königreich. Sie gilt als die teuerste Seilbahn der Welt - und kostete umgerechnet rund 72 Millionen Euro.