„Das würde die Wirtschaft in South Tyneside hart treffen“
Die Briten stimmen am Donnerstag über den Verbleib in der EU ab. In Wuppertals Partnerstadt ist die Stimmung gemischt.
Wuppertal. In der Europäischen Union bleiben oder austreten? Am Donnerstag müssen die Briten wählen. Die Wahl ist auch in Wuppertals Partnerstadt South Tyneside ein häufiges Gesprächsthema. Bei einer Umfrage von YouGov unter 80 000 Briten stand die Küstenregion an achter Stelle der europaskeptischsten Städte. Viele Menschen in South Tyneside fühlen sich durch den Zusammenschluss ausgenutzt.
So schreibt Marcus P. an die örtlichen Zeitung: „Die EU war gut, als sie ein Handelszusammenschluss der nordwesteuropäischen Länder war. Sie hat sich verwandelt in eine quasi-marxistische Diktatur, in der reiche Staaten wie Großbritannien Millionen an ärmere Staaten wie Rumänien geben.“ Leser David Hill befürchtet, dass in der EU unter dem Einfluss des Freihandelsabkommens mit den USA das Gesundheitssystem privatisiert werden könnte: „Wenn wir in der EU bleiben, wird das öffentliche Gesundheitssystem zerstört werden auf dem Altar der großen Unternehmensgewinne.“
Die Politiker versuchen, dagegen zu halten. „Ich stimme zu, dass Reformen nötig sind - aber ich glaube, dass wir darüber besser verhandeln können, wenn wir in der EU sind und nicht außerhalb“, sagt die Parlamentsabgeordnete Emma Lewell-Buck. Zudem weist sie darauf hin, dass 160 000 Jobs im Nordosten Großbritanniens vom Handel mit der Europäischen Union abhängen.
Ian Malcolm, ehemaliges Mitglied des Europaparlaments und Leiter des Stadtrats in South Tyneside, setzt sich engagiert für den Verbleib in der EU ein. „Wir sind die einzige Region in Großbritannien, die mehr exportiert, als sie importiert. Vieles davon verdanken wir der Unterstützung der EU“, sagt er. „Was auch immer passiert - Großbritannien hat eine starke Wirtschaft und wir werden überleben. Aber ich fürchte, dass wir eine sofortige Rezession haben werden, und der Kanzler hat gesagt, dass er einen Notfall-Plan vorschlagen will, der die öffentlichen Ausgaben weiter reduziert. Das würde die Wirtschaft in South Tyneside hart treffen. Außerdem würden wir die Gelder verlieren, die von der EU für Nordost-England bereitgestellt werden — fast 500 Millionen Pfund.“ Allerdings bemerkt er in South Tyneside viele Anfeindungen gegenüber der Struktur der EU. Die Wähler äußern sich ihm gegenüber besorgt wegen „der unkontrollierten Einwanderung“ und empfinden die EU als weit entfernt, erzählt der Politiker.
Große Industrieunternehmen stimmen ebenfalls gegen den Brexit. „Wir befürworten, dass Großbritannien innerhalb Europas bleibt — das hat den meisten Sinn für Jobs, Handel und Kosten. Eine stabile Position ist positiver als eine Sammlung von Unbekanntem“, sagt Carlos Ghosn, als Geschäftsführer des Nissan-Standortes, mit 6000 Angestellten der größte Arbeitgeber der Region.