Wuppertal Peter Giesen: „Wuppertal lag am Äquator“
Peter Giesen hat 1975 und 1977 den Wettbewerb Jugend forscht gewonnen. Er ist seinem Thema von damals treu geblieben.
Wuppertal. In diesem Jahr hat Tobias Gerbracht den Wissenschaftswettbewerb Jugend forscht gewonnen — nicht als erster Schüler des Carl-Fuhlrott-Gymnasiums. Schon Peter Giesen (57) hatte als Schüler des damaligen neusprachlichen Gymnasiums Süd schon 1975 und 1977 den Wettbewerb gewonnen. Damals ging es statt um einen futuristischen Hologramm-Projektor um einen Blick in die Vergangenheit.
Was war ihr damaliges Thema bei Jugend forscht?
Peter Giesen: Ich habe fossile Pflanzen erforscht. Das Thema war „Neues von der Mitteldevonflora Wuppertals“ — es ging um Pflanzen aus dem Mitteldevon, der Zeit vor 390 Millionen Jahren.
Wie sind sie zu dem Thema gekommen?
Giesen: Ich habe mich schon früh, mit sechs oder sieben Jahren für Fossilien interessiert. Mit dreizehn Jahren habe ich dann spitz bekommen, dass Wuppertal einer der bedeutendsten Fundorte für Mitteldevon-Pflanzen ist. Da war ich Feuer und Flamme.
Und sind bis heute dabei geblieben.
Giesen: Ja, ich habe das zwar zwischenzeitlich aus den Augen verloren, weil ich in den 80er Jahren in Südafrika war. Aber als ich in den 90ern in Deutschland wieder Fuß gefasst hatte und noch ein großes unbearbeitetes Fossil von der Baustelle der L419 in meinem Keller wiedergefunden habe, war ich bald wieder dabei.
War das ein spezielles Fossil?
Giesen: Das war eine versteinerte Pflanze mit den ältesten bekannten Blättern der Welt. Das Mitteldevon war die Zeit, in der sich das Bild der Welt grundsätzlich verändert hat. Damals entstanden die ersten Büsche und Bäume. Zuvor gab es nur kniehohe Nacktfarne und davor Sand und Felsen.
Ein besonderer Fund also.
Giesen: Ja, und nicht mein einziger. In einem Steinbruch in Lindlar, den ein bekannter Professor aus Bonn schon in den 60er Jahren publik gemacht hatte, habe ich 2008 Teile des ältesten Waldes der Welt gefunden. Ganze Bäume — vollständig von der Wurzel bis zur Krone. So etwas ist ganz selten. Da muss ein Tsunami die komplette Vegetation abgeräumt und in direkter Nachbarschaft sofort wieder eingebettet haben, so dass diese so gut erhalten geblieben ist.
Wie bitte? Ein Tsunami?
Giesen: Ja, durchaus möglich. Damals war das Bergische Land noch nicht bergig und Teil einer Küstenregion. Wuppertal lag an der Südküste des „Old Red Continent“, des alten roten Kontinents, der im Wesentlichen aus Nordamerika und Nordeuropa bestand. Wuppertal lag südlich des Äquators in einem lagunären Deltabereich — dort gab es ideale Voraussetzungen für das Wachstum der ersten Pflanzen.
Sie haben anscheinend viel entdeckt.
Giesen: Ja, aber das geht nur nebenher. Ich arbeite zwar als Geologe, aber in der Forschung gibt es nur sehr begrenzte Budgets für Paläobotaniker. Das ist ein „Orchideenfach“. Es gibt nur ganz wenige Fachleute dafür. In Deutschland bin ich der einzige für das Mitteldevon. Aber für mich ist das ein reines Hobby.
Ist das der Grund, warum Sie Wuppertal treu geblieben sind?
Giesen: Nein, ich habe hier eine große Familie. Aber in Wuppertal und im Bergischen Land gibt es eben auch fantastische Fundstellen für frühe Landpflanzen. So etwas gibt es sonst nur in Amerika und China.
Wie kommt das?
Giesen: Damals war das Bergische Land eben eine flache Küstenregion. Und als dann vor 300 Millionen Jahre ein anderer großer Kontinent, Gondwana, von Süden nach Norden auf das Bergische Land stieß, wurden die Gesteine hochgedrückt und zusammengeschoben, die noch heute die Landschaft hier prägen. Dabei wurden viele Pflanzen im Gestein konserviert und können hier heute gefunden werden.
Jetzt hat erneut ein Schüler ihrer ehemaligen Schule Jugend forscht gewonnen.
Giesen: Das ist schön, ich freue mich darüber, dass er es geschafft hat. Ich wünsche ihm viel Biss und Erfolg, weiter seinen Weg zu gehen und das Thema zu verfolgen.